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Monday, November 30, 2009

Meinung aus Berlin: Sieg der Angst

BERLINER ZEITUNG: Damit hatte kaum jemand gerechnet. Die Schweizer haben sich in ihrer Mehrheit dafür ausgesprochen, den Bau von Minaretten zu verbieten - und dies, obwohl die Regierung, alle großen Parteien außer der rechtspopulistischen SVP, die beiden Landeskirchen, die jüdische Gemeinde, die Gewerkschaften und die Unternehmer sich einmütig gegen ein Verbot ausgesprochen hatten. Es ist eine herbe Niederlage für die Regierung, und das Parlament scheint nicht mehr jene zu vertreten, die es gewählt haben.

Doch um Religion ging es nur vordergründig. Nichts zeigt dies deutlicher als ein Satz auf der Website der Volksinitiative "Für ein Verbot von Minaretten". Wörtlich heißt es dort: "Wer Minarette baut, will hier bleiben." Genau so ist es. Und man darf den Initiatoren im Umkehrschluss getrost unterstellen: Sie wollen, dass die Muslime gehen. Und wenn man sie schon nicht abschieben kann, dann sollen sie wenigstens Bürger zweiter Klasse sein - mit weniger Rechten als Christen. Ein Verstoß gegen das verfassungsmäßige Diskriminierungsverbot.

Aber es geht nicht um Muslime, sondern um Ausländer generell. Sprüche wie "Keine Steuergelder für Koranschulen!" oder "Das Minarett ist die Speerspitze der Scharia" kaschieren dies bloß. Islam und Terror scheinen seit dem 11. September 2001 wesensverwandt. Deshalb eignet sich der Muslim als Sündenbock. In der Schweiz macht der Anteil der Immigranten an der Gesamtbevölkerung inzwischen 21 Prozent aus. Die Ängste vor "Überfremdung" sind da, man muss sie ernst nehmen. Just das aber tun Rechtspopulisten nicht. Wer landesweit Plakate klebt, auf denen neben einer tief verschleierten Frau Minarette als Raketen dargestellt werden, schürt die Ängste, spielt mit ihnen, instrumentalisiert sie für andere Zwecke und behindert eine sachliche Diskussion objektiv vorhandener Probleme. Wer insinuiert, dem Unternehmerverband gehe es nur um die Absatzmärkte in der islamischen Welt, und gleichzeitig weiß, dass die Schweiz die Ausländer braucht, um die Wirtschaft am Laufen zu halten und die Renten zu sichern, betreibt billigen Populismus. >>> Thomas Schmid | Montag, 30. November 2009

BNP: Switzerland Takes Stand against Islamic Colonisation >>>

Sunday, October 11, 2009

Dieter Ruloff: Jetzt braucht er Erfolge

NZZ ONLINE: Mit dem Nobelpreis hat der weltweite Beifall für US-Präsident Obama einen neuen Höhepunkt erreicht. Doch innenpolitisch steckt Obama im Popularitätstief. Wenn es ihm nicht bald gelingt, sichtbare Erfolge zu erzielen, könnte die Präsidentschaftswahl 2012 für ihn zum Drama werden.

Man kann auch in die Höhe fallen, so wie in die Tiefe», sagte der Dichter Friedrich Hölderlin. Mitunter passiert beides, und zwar nacheinander, wie jetzt bei Obama, dem jungen, charismatischen Politiker, dem Mann mit Visionen, dem brillanten Rhetoriker mit messianischer Aura, der den Wandel predigte und schliesslich, die politische Schwerkraft überwindend, in eineinhalb Jahren vom Jungsenator zum mächtigsten Mann der Welt und Nobelpreisträger in die Höhe fiel.

Die neueste Ehrung potenziert nochmals die Erwartungen an ihn. Er habe seinem Volk «Hoffnung auf eine bessere Zukunft» gegeben, lautet die Begründung in Oslo. Faktisch läuft es für Obama an allen Fronten jedoch zunehmend schlecht, Erwartungen und Erreichtes klaffen je länger je weiter auseinander. Der Fall in die Tiefe, zumindest jene der Umfragen, kam postwendend: Die Zustimmung von anfangs fast 70 Prozent im Februar schrumpfte auf jetzt nur noch gut 50 Prozent. Das ist noch immer massiv besser als die zuletzt nur 22 Prozent Zustimmung für George W. Bush. Aber es schmerzt doch, gerade weil Bush ja die Hauptschuld trifft – hat er seinem Nachfolger doch ein schier unvorstellbares Desaster hinterlassen. Zwei glücklose Kriege, die Wirtschaft im freien Fall, das Ansehen weltweit ruiniert, die Geheimdienste demoralisiert und last, but not least Schulden über Schulden.

Nach hundert Tagen schien die Bilanz Obamas noch glänzend, die Hoffnungen auf ihn mehr als berechtigt: Bankenrettung und Konjunkturprogramm; Politikwechsel um 180 Grad bei Guantánamo, in der Umwelt- und der Sicherheitspolitik; die Subventionsschlucker Chrysler und GM auf Trab gebracht; Charmeoffensive in Europa und im Nahen Osten mit durchschlagendem Erfolg.

Man hat Obama noch im Frühjahr Hyperaktivismus vorgeworfen, er packe zu viel zu rasch an, werde das Tempo nicht durchstehen können. Dies ist wohl nicht das Problem, denn Obama dominiert so gut wie täglich die Medien in den USA und der Welt. Aber die Meldungen werden kritischer, der Präsident muss immer öfter mit Appellen an die Öffentlichkeit, erklären, reparieren, gegensteuern. Die Absage an Chicago bei der Vergabe der Olympischen Spiele – trotz grossem Engagement des Präsidentenehepaars – war nur die letzte in einer Reihe von Niederlagen. Der Nobelpreis lenkt im besten Falle etwas ab; den politischen Alltag mit all seinen Widrigkeiten verändert der Preis nicht. >>> Von Dieter Ruloff | Sonntag, 11. Oktober 2009

Monday, January 28, 2008

Meinung: Theo Sommer über Blair als EU-Präsidenten

DIE ZEIT: Tony Blair soll der erste Vollzeitpräsident der Europäischen Union werden. Ausgerechnet Blair, ausgerechnet ein Brite: Das ist wirklich eine absurde Idee

Was immer Tony Blair sich in den zehn Jahren seiner Amtszeit als britischer Premier an Verdiensten erworben haben mag – Verdienste um die Europäische Union sind nicht dabei. Als er 1997 in die Downing Street 10 einzog, gab er sich als passionierter Europäer und gelobte, Großbritannien „ins Herz Europas“ zu rücken.

Es ist ihm nicht gelungen. Er hat es nicht einmal ernsthaft versucht. Vielmehr blieb seine Europapolitik trügerisch und halbherzig. Zaghaftigkeit charakterisierte sie, Nachgiebigkeit gegenüber den euro-phoben Pressezaren seines Landes, unbegreifliches Kuschen vor seinem Schatzkanzler und Nachfolger Gordon Brown, der eine „rote Linie“ nach der anderen zog, die das Vereinigte Königreich auf der Straße nach Brüssel nicht überschreiten dürfe.

So kommt es, dass England noch immer nicht mit beiden Beinen in Europa steht, geschweige denn mit dem Herzen im Herz der Union. Es ist bis heute ein Außenseiter geblieben. Beim Euro ist es nicht dabei; in der Schengen-Zone macht es nicht mit; die Grundrechte-Charta hat es nicht übernommen; aus der gemeinsamen Justiz- und Sicherheitspolitik hat es sich in den Verhandlungen über den Reformvertrag ausgeklinkt. Als Blair aus dem Amt schied, war Großbritannien innerlich weiter von der EU entfernt als bei seinem Amtsantritt.

Der künftige EU-Präsident soll nach dem Lissaboner Vertrag zweieinhalb Jahre amtieren, nicht länger bloß sechs Monate. Es ist schlechthin unvorstellbar, dass er, der doch die Stimme Europas sein wird, das europäische Projekt nicht mit vollem Engagement verficht. Mit einem Präsidenten, der Europapolitik nur mit halbem Herzen betreibt, ist der Union nicht gedient. Den Bock zum Gärtner >>> Von Theo Sommer

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