BERLINER ZEITUNG: Damit hatte kaum jemand gerechnet. Die Schweizer haben sich in ihrer Mehrheit dafür ausgesprochen, den Bau von Minaretten zu verbieten - und dies, obwohl die Regierung, alle großen Parteien außer der rechtspopulistischen SVP, die beiden Landeskirchen, die jüdische Gemeinde, die Gewerkschaften und die Unternehmer sich einmütig gegen ein Verbot ausgesprochen hatten. Es ist eine herbe Niederlage für die Regierung, und das Parlament scheint nicht mehr jene zu vertreten, die es gewählt haben.
Doch um Religion ging es nur vordergründig. Nichts zeigt dies deutlicher als ein Satz auf der Website der Volksinitiative "Für ein Verbot von Minaretten". Wörtlich heißt es dort: "Wer Minarette baut, will hier bleiben." Genau so ist es. Und man darf den Initiatoren im Umkehrschluss getrost unterstellen: Sie wollen, dass die Muslime gehen. Und wenn man sie schon nicht abschieben kann, dann sollen sie wenigstens Bürger zweiter Klasse sein - mit weniger Rechten als Christen. Ein Verstoß gegen das verfassungsmäßige Diskriminierungsverbot.
Aber es geht nicht um Muslime, sondern um Ausländer generell. Sprüche wie "Keine Steuergelder für Koranschulen!" oder "Das Minarett ist die Speerspitze der Scharia" kaschieren dies bloß. Islam und Terror scheinen seit dem 11. September 2001 wesensverwandt. Deshalb eignet sich der Muslim als Sündenbock. In der Schweiz macht der Anteil der Immigranten an der Gesamtbevölkerung inzwischen 21 Prozent aus. Die Ängste vor "Überfremdung" sind da, man muss sie ernst nehmen. Just das aber tun Rechtspopulisten nicht. Wer landesweit Plakate klebt, auf denen neben einer tief verschleierten Frau Minarette als Raketen dargestellt werden, schürt die Ängste, spielt mit ihnen, instrumentalisiert sie für andere Zwecke und behindert eine sachliche Diskussion objektiv vorhandener Probleme. Wer insinuiert, dem Unternehmerverband gehe es nur um die Absatzmärkte in der islamischen Welt, und gleichzeitig weiß, dass die Schweiz die Ausländer braucht, um die Wirtschaft am Laufen zu halten und die Renten zu sichern, betreibt billigen Populismus. >>> Thomas Schmid | Montag, 30. November 2009
BNP: Switzerland Takes Stand against Islamic Colonisation >>>