SPIEGEL ONLINE: Monatelang hielt sich Pierre Vogel in Ägypten auf, jetzt meldet sich der umstrittene Prediger zurück in seiner Heimat. Ausgerechnet im Rheinland, wo kürzlich noch Salafisten auf Polizisten losgingen, predigt der Ex-Boxer über Frieden, Freundschaft und Verständigung.
Es ist noch gar nicht so lange her, da dozierte der ehemalige Berufsboxer Pierre ausführlich auch über sehr ernste Themen, etwa darüber, warum man Dieben zur Strafe die Hand abhacken sollte. Schließlich sei es auch für den Dieb besser, so argumentierte Vogel damals allen Ernstes, dass die Sünden bereits auf Erden abgegolten würden, als dass der Mensch seine Schuld mit ins Jenseits nähme.
Pierre Vogel war als Boxer einmal Deutscher Junioren-Meister im Halbschwergewicht, seine mäßige Karriere als Profi aber gab er recht zügig auf und konvertierte stattdessen mit 22 Jahren zum Islam. Besser als im Ring gelang es dem bulligen Rheinländer dort, mit wuchtigen Posen und derben Auftritten zum Star einer schnell wachsenden Szene fundamentalistischer Muslime zu avancieren.
Inzwischen gilt der 33-Jährige als einer der wichtigsten Prediger der sogenannten Salafisten - einer besonders strengen und rückwärtsgewandten Strömung des Islam. Laut Verfassungsschutz streben Salafisten in letzter Konsequenz einen Gottesstaat an, in dem wesentliche Grundrechte und Verfassungspositionen nicht mehr gelten. Einige Radikale nehmen dafür auch den Einsatz von Gewalt in Kauf.
Vogel spricht sich öffentlich zwar gegen Gewalt aus, doch die Behörden stufen ihn als gefährlich ein. Die vergangenen Monate verbrachte er angeblich im Norden Kairos, wo er eine Sprachschule besucht haben soll. Staats- und Verfassungsschützer fragten sich daher, ob er die Zeit vielleicht nicht auch nutzte, um neue Kontakte zu knüpfen. Hat er sich - wie schon andere vor ihm - im selbstgewählten Exil weiter radikalisiert? Vogels ersten öffentlichen Auftritt in Deutschland, wo es in den vergangenen Wochen zu brutalen Übergriffen von Salafisten auf Polizisten gekommen war, erwarteten die Beamten mit großer Spannung. » | Von Jörg Diehl, Köln | Samstag, 09. Juni 2012