FRANKFURTER ALLGEMEINE: Deutschland hat sich in der Entscheidung über die Flugverbotszone über Libyen enthalten - und sich damit in der westlichen Welt isoliert. Die Folge ist ein diplomatischer Schadensfall höchsten Ausmaßes für Berlin und auch für Westerwelle persönlich.
Kurz nach neun Uhr am Freitagmorgen steht ein übermüdeter Außenminister im Auswärtigen Amt. Die Nacht war kurz, bis zuletzt gab es Telefonate auf allen Ebenen mit dem Ziel, genügend Mitglieder des Sicherheitsrates zur Enthaltung zu bewegen, um einen Militäreinsatz gegen Libyen zu verhindern. Nun muss Guido Westerwelle die Frage beantworten, ob er sich international und innerhalb der EU isoliert habe. „Wir haben uns enthalten“, sagt er und fügt hinzu, „gemeinsam mit so bedeutenden Ländern und auch Partnern wie Brasilien, wie Indien, wie Russland und auch China“, was freilich auch hieß, dass er sich damit gegen die bislang bedeutenderen Partner Amerika, Großbritannien, Frankreich und auch Portugal stellt.
Damit ist eingetreten, was Westerwelles Vorvorgänger Joseph Fischer 2003 kurz vor dem Irak-Krieg befürchtete: die Isolierung Deutschlands in der westlichen Welt – ein diplomatischer Schadensfall höchsten Ausmaßes für Berlin und auch für Westerwelle persönlich. Seinerzeit war Europa in „alt“ und „neu“ gespalten. Diesmal aber steht Deutschland an der Seite Chinas und Russlands. Im Auswärtigen Amt hatte es lange nicht nur die Hoffnung gegeben, wenn zumindest auch Portugal mit Deutschland stimme, könne man glaubhaft machen, in der Libyen-Frage gebe es in Europa nun einmal einen Dissens. Zudem setzte Berlin darauf, Moskau und/oder Peking würden durch ihr Veto einen Militäreinsatz verhindern. » | Von Majid Sattar, Berlin | Samstag, 19. März 2011