WELT ONLINE: Schon Jesus schlug sich auf die Seite der Sünder – allerdings verlangte er, dass sie bereuten. Wenn die Kirche sich seines Vorbilds als würdig erweisen will, muss sie die Missbrauchsskandale lückenlos und ohne Ausflüchte aufklären. Zur Reue gehört die schonungslose Selbstbefragung.
Nein, so einfach ist es nicht: Man kann nicht schlankweg erklären, die Osterbotschaft von der Auferstehung sei so begeisternd, dass all die schrecklichen Missbrauchsfälle zumal in der katholischen Kirche die Freude über das Fest nicht trüben könnten.
In der Bibel gehört zur Osterbotschaft, dass sie erzählt wird, dass sie nicht zu haben ist ohne Menschen, die sie weiter tragen. Als Maria Magdalena den Auferstandenen sieht, aber nicht erkennt, als sie begreift und nur ein Wort sagt: „Rabbuni“, Meister – da darf sie ihn nicht berühren, sondern wird von Jesus sofort losgeschickt, damit sie den Jüngern berichte. Am Abend erscheint er selbst den Jüngern und sagt ihnen: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Loslaufen, erzählen – das ist Ostern.
Darin zeigt sich einerseits die Menschlichkeit des Christentums. Da geistert nicht ein abstraktes Dogma umher, sondern lebt die Botschaft in und von Menschen, die sie berichten sollen. Andererseits macht dies die Botschaft verletzlich. Weil sie von Menschen lebt, müssen diese sich ihrer würdig erweisen. Sonst wird das Evangelium beschädigt. >>> Von Matthias Kamann | Samstag, 03. April 2010