DEUTSCHLANDFUNK: Die in der Türkei gegründete Gülen-Bewegung zählt zu den einflussreichsten islamischen Gruppierungen in der westlichen Welt. Sie fördert vor allem die Bildung junger Muslime. Kritiker werfen der Bewegung mangelnde Transparenz und unterschwelligen Islamismus vor.
"Was bisher immer galt für Muslime, wenn sie sich sozial engagieren wollen, dass sie das nur im Moschee-Bereich oder Themen, die nur mit dem Islam zu tun haben, können. Gülen hat das soziale Engagement und das finanzielle Engagement ausgeweitet auch auf säkulare Bereiche."
Der Soziologe Ercan Karakoyun leitet unweit des Potsdamer Platzes das Berliner "Forum für interkulturellen Dialog". Er will von hier aus nicht nur mit anderen Religionen und Politikern ins Gespräch kommen, sondern vor allem den Muslimen die Idee des türkischen Laien-Theologen Fetullah Gülen nahe bringen.
"Ein Muslim kann sein Zakat, die islamische Abgabe, auch auf Bildungsinstitutionen leisten. Dazu zählt auch Engagement für die Umwelt, Engagement für Menschenrechte, gewerkschaftliches Engagement. Gülen hat den Bereich des Engagements von den traditionell islamischen Bereichen auch auf die weltlichen Bereiche gelenkt."
Karakoyun selbst etwa sei erst durch Gülens Ideen dazu motiviert worden, sich in seiner Dortmunder Studentenzeit bei den Jusos zu engagieren. In der Türkei gilt der Islam den Kemalisten seit Staatsgründer Attatürk als rückständig und vernachlässigbar. Fetullah Gülen tritt hingegen für die Vereinbarkeit von Wissenschaft, Fortschritt und Islam ein. "Bildung", "Medien" "Dialog" sind die drei großen Themenfelder, in denen moderne Muslime sich seiner Meinung nach engagieren sollen. In den 1980er-Jahren begann Gülen in der Türkei damit, seine Predigten millionenfach unter das Volk zu bringen und erste Schulen zu gründen. Daneben baute Gülen unter dem Dach der World Media Group ein kleines Presseimperium auf, zu dem neben Radio- und Fernsehsendern auch die auflagenstärkste türkische Zeitung ZAMAN gehört. Gülen habe es mittlerweile geschafft, den wirtschaftlich potenten Mittelstand für den Islam zu interessieren. Auch in Deutschland entstehen bundesweit Gülen-nahe Kitas, Schulen und andere Bildungseinrichtungen, sagt Ercan Karakoyun. » | Von Thomas Klatt | Mittwoch, 07. März 2012
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