ZEIT ONLINE: Syrien fürchtet ein Übergreifen der Proteste aus Ägypten, Tunesien oder Libyen. Die Sicherheitskräfte greifen hart durch – und nehmen sogar Schüler fest.
"Wir fordern den Sturz des Regimes", hatten die Kinder an Häuserwände und Getreidesilos gesprüht – der gemeinsame Schlachtruf der arabischen Aufstände in Tunesien, Ägypten, Bahrain und Libyen. Die Reaktion der allgegenwärtigen syrischen Staatssicherheit war wie immer – und doch lief diesmal alles ganz anders. In Handschellen wurden die 15 Schülerinnen und Schüler aus der Klasse geholt und abgeführt, das sorgte bei den Bewohnern der Stadt Deraa für Empörung – die sie offen äußerten und auf die Straße gingen.
Seit vier Tagen wird nun auch Syrien von der arabischen Protestwelle erfasst. Auch am Wochenende demonstrierten in Deraa wieder mehr als 10.000 Menschen in der Grenzstadt zu Jordanien südlich von Damaskus. Das Regime ließ scharf schießen, fünf Menschen starben, über 100 wurden verletzt. Seitdem dreht sich die Spirale von Schüssen und Toten, Beerdigungen und Trauerzügen, Demonstrationen und neuer Polizeigewalt. Erst brannten Autos in Deraa, inzwischen sind der Sitz des Gouverneurs, der Justizpalast, das Hauptquartier der Baath-Partei sowie Filialen der Mobilfunk-Firma Syriatel, die einem Cousin von Präsident Baschar al-Assad gehört, nur noch rauchende Ruinen. » | Martin Gehlen | Montag21. März 2011