NZZ am SONNTAG: Washington greift so stark in die US-Wirtschaft ein wie nie zuvor. Kaum ein Sektor, in dem das Weisse Haus nicht mitmischt. Damit will der Staat den Abstieg Amerikas verhindern. Von Felix Wadewitz, New York
Offiziell strebt General Motors (GM) an die Börse, um sich aus der Umarmung des Staats zu lösen. Kein Kritiker soll mehr über «Government Motors» spotten können. Seit Präsident Obama GM mit 50 Mrd. $ vor dem Untergang bewahrte, gehören 61% dem Staat. Für viele Amerikaner ist das ein Unding. Die Hälfte der Bevölkerung lehnt laut Umfragen die Rettung ab. Der schnelle Börsengang soll deshalb zeigen: Die Intervention des Weissen Hauses war erfolgreich; der Konzern steht nun wieder auf eigenen Beinen.
Staatskapitalismus pur
Ohne Einfluss wird das Weisse Haus aber auch in Zukunft nicht sein: Nach dem geplanten Börsengang bleibt Uncle Sam der grösste Anteilseigner. Und der neue Mann an der Spitze, Daniel Akenson, geniesst ohnehin das Vertrauen der Regierung. Das Finanzministerium entsandte ihn vor einem Jahr in den GM-Verwaltungsrat, um die Interessen der Steuerzahler zu wahren.
Das Klischee vom Kapitalismus in Reinform stimmt längst nicht mehr. Die Autoindustrie ist nur das prominenteste Beispiel in einer langen Reihe von staatlichen Eingriffen in die US-Wirtschaft. Die Rettung der Banken, die Ausweitung der Gesundheitsfürsorge, die Förderung von Exporten und neuen Technologien, Konjunkturspritzen und die Stabilisierung des Immobilienmarkts – all das resultiert in einer dramatisch steigenden Staatsquote. >>> Von Felix Wadewitz | Sonntag, 05. September 2010
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