Friday, September 18, 2009

«Keine Kompensationsgeschäfte mit den USA» : Der russische Präsident Medwedew im NZZ-Interview

NZZ ONLINE: Der russische Präsident Dmitri Medwedew begrüsst die Ankündigung von US-Präsident Obama, auf eine Raketenabwehr in Osteuropa zu verzichten. Medwedew dämpft aber die Erwartungen, Moskau sei im Gegenzug in anderen Fragen wie Iran zu Konzessionen an Washington bereit. Er sagte, es gebe keine einfachen Kompromisse und Kompensationsgeschäfte.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew beim Interview in der Residenz Maiendorf. Bild: Neue Zürcher Zeitung

Die USA haben entschieden, auf das Raketenabwehrsystem in Ostmitteleuropa zu verzichten. Wie reagieren Sie darauf?

Das Signal ist sehr gut. Es zeigt, dass unsere amerikanischen Partner zumindest bereit sind, sich Positionen der russischen Seite anzuhören, und dass sie bereit sind, Entscheidungen zu treffen, die auf eine Beruhigung der Lage ausgerichtet sind. Ich glaube nicht, dass von der Raketenabwehr in Europa irgendjemand profitiert hätte, ausser einer Gruppe von Politikern, die diese Entscheidung vorangetrieben hat, und die Unternehmen, welche die Abwehrraketen und den Radar liefern. Die Lage in Europa hätte sich dadurch in keiner Weise verbessert, die Beziehungen zwischen Russland und den USA und leider in der Folge auch zwischen Russland und Europa hätten sich spürbar verschlechtert. Deshalb waren wir von Anfang an gegen diese Idee. Und wenn diese nun in dieser Form nicht realisiert wird, ist das sehr gut für Europa und für die russisch-amerikanischen Beziehungen.

Würde Russland dann auch in anderen Feldern auf die USA zugehen?

Mit Barack Obama möchten wir wirklich neue Beziehungen aufbauen. Sehr wichtig ist dabei, dass wir eine ähnliche Ausbildung genossen haben. Wir sind erwachsene Leute, und das heisst, dass wir nicht die eine Entscheidung von einer andern abhängig machen. Aber natürlich wird in der Politik auch nach Punkten abgerechnet. Wenn sich unsere Partner unsere Besorgnis anhören, werden wir ihrer Besorgnis aufmerksamer begegnen. Das bedeutet aber keine einfachen Kompromisse und Kompensationsgeschäfte. Aber wenn man uns zuhört, ist das ein offensichtliches Zeichen dafür, dass wir aufmerksam unseren amerikanischen Partnern zuhören sollten. >>> Interview: Markus Ackeret und Gerald Hosp | Freitag, 18. September 2009

Das vollständige Interview mit Präsident Medwedew erscheint in der Printausgabe der NZZ vom 19. September

An dem Gespräch waren auch das Schweizer Fernsehen und «Le Matin Dimanche» beteiligt.