SPIEGEL ONLINE: Russland startet umfassende Kontrollen im Internet: Ein neues Gesetz führt eine schwarze Liste für Internetseiten ein. Der gesamte Datenverkehr soll dafür überwacht werden. Kritiker fürchten um Meinungsfreiheit und Datenschutz.
Seit dem 1. November 2012 hat der Kreml ein Werkzeug, mit dem er das gesamte russische Internet kontrollieren kann. Denn jetzt ist ein Gesetz in Kraft getreten, das dafür sorgt, dass nun eine Liste von Websites und Inhalten existiert, die Internetprovider künftig blockieren sollen. Begründet wurde das von Putin verabschiedete Gesetz mit dem Kinderschutz: Die Liste sollte eigentlich Seiten enthalten, auf denen etwa Kindesmissbrauch dargestellt wird, oder solche, die Suizid-Anleitungen enthalten. Doch derzeit betreffen die Sperr-Entscheidungen vor allem Oppositions-Websites und solche, die als extremistisch eingestuft werden. Im Vorfeld hatte es viel Kritik gegeben, die russische Wikipedia hatte schon vor Verabschiedung des Gesetzes mit einem 24-stündigen Streik protestiert - ohne Erfolg.
Doch das Gesetz bringt eine weitere, viel tiefgreifendere Veränderung mit sich: Umgesetzt wird es offenbar mit Hilfe einer Technologie, die es erlaubt, den gesamten Internettraffic aller in Russland ansässigen Nutzer zu überwachen, permanent und automatisiert. E-Mails, Website-Aufrufe, Chats - alles können die Behörden künftig mit geringem Aufwand mitschneiden oder gar manipulieren. » | Von Andrej Soldatow und Irina Borogan, Moskau | Freitag, 02. November 2012