FRANKFURTER RUNDSCHAU: Die britische Regierung überwacht ihre Bürger ohnehin schon besonders gründlich. Jetzt plant sie Großkontrollen im Internet: Der Geheimdienst soll künftig in Echtzeit Zugang zu sämtlichen Verbindungsdaten auf der Insel bekommen. Selbst im Regierungslager ist die Empörung groß.
Wem schickt die Person E-Mails? Wen ruft sie an? Wer sind ihre Freunde auf Facebook, welche Internetseiten ruft sie auf, wem schickt sie SMS-Nachrichten? All dies will der britische Geheimdienst künftig jederzeit über jeden Einwohner des Landes erfahren können, ohne Verzögerungen und vielleicht sogar ohne richterliche Genehmigungen.
David Camerons konservativ-liberale Regierung in Großbritannien plant noch in diesem Frühjahr ein neues Gesetz, um den Abhör-Geheimdienst des Landes, die Government Communications Headquarters (GCHQ) zur Überwachung sämtlicher elektronischen Verbindungsdaten zu ermächtigen. Das Gesetz könnte am 9. Mai von der Queen in ihrer (von der Regierung verfassten) Rede vor dem Parlament angekündigt werden.
Das Innenministerium in London bestätigte die Pläne. „Es ist von größter Bedeutung, dass die Polizei und die Sicherheitsdienste in der Lage sind, unter bestimmten Umständen die Kommunikationsdaten zu erhalten, um wegen schwerer Verbrechen und Terrorismus zu ermitteln und die Öffentlichkeit zu schützen“, sagte ein Sprecher. Es gehe aber nicht um die Inhalte von Mails oder Gesprächen, sondern nur um die Verbindungsdaten. » | Bettina Vestring | Dienstag, 03. April 2012
DIE PRESSE: Großbritannien: An Überwachung gewöhnt – In Großbritannien hält sich der Widerstand gegen Überwachung durch den Staat in Grenzen. Die Menschen sind an die ständige Kameraüberwachung bereits gewöhnt. Die Vorratsdatenspeicherung ist aber unbeliebt. ¶ Verfechter von liberalen Rechten und Privatsphäre begrüßten den Koalitionsvertrag vom Mai 2010. Das Übereinkommen von Tories und Liberal Democrats versprach, dass Kameraüberwachung über das sogenannte CCTV (Closed Circuit Television) stärker reguliert werde sowie künftig keine Internet- und E-Mail-Daten ohne guten Grund gespeichert würden. Vor allem die Liberal Democrats präsentierten sich als Hüter liberaler Freiheiten. Im Februar 2012 aber wurde bekannt, dass die Regierung nun doch ganz andere Pläne hat. » | Von Felix Lill | Die Presse | Samstag, 31. Dexember 2012
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