Saturday, September 05, 2009

Die Schweiz am Gängelband Gadhafis

DIE PRESSE: Libyens Diktator treibt seit Juli 2008 ein böses Spiel mit der Schweiz und hält zwei Geschäftsleute seit mittlerweile 414 Tagen als Geiseln fest. Der Zorn der Eidgenossen über die Demütigungen wächst.

Seit mittlerweile 414 Tagen sitzen zwei Schweizer Geschäftsleute in Libyen fest. Und nichts deutet darauf hin, dass sich der bizarre Wüstendiktator Muammar al-Gadhafi dazu erweichen lassen könnte, seine beiden Geiseln zurück in ihre Heimat zu lassen. Im Gegenteil: Gadhafi spielt weiter Katz und Maus mit der Schweiz, er beleidigt die Eidgenossen als „Weltmafia“ oder „Verbrecherkartell“ und will vor der UNO gar die Auflösung der Schweiz erreichen.

Dort aber werden Wut und Zorn über die ständigen Demütigungen aus Tripolis immer größer. Die rechte Partei „Liga der Tessiner“ forderte jetzt gar, Libyen den Krieg zu erklären und die festgehaltenen Landsleute mit Waffengewalt zu befreien. Und in Genf fanden am Freitag die ersten Solidaritätskundgebungen für die beiden Schweizer Geschäftsleute statt.

Am Ufer des Genfer Sees. Dort, in Genf, hat Anfang Juli 2008 alles begonnen. Im Luxushotel „President Wilson“ stiegen illustre Gäste ab: der Sohn von Libyens Staatschef Gadhafi, Hannibal, seine hochschwangere Frau Aline, der dreijährige Sohn samt Gefolge. Die Familie belegte mehrere Suiten in der Nobelherberge direkt am Ufer des Genfer Sees, um dort die Zeit bis zur Geburt des Kindes zu verbringen. Wenige Tage später erhielt die Genfer Polizei einen verzweifelten Telefonanruf aus dem Hotel: Zwei Hausangestellte der Gadhafis berichteten von schweren Misshandlungen durch ihre Dienstgeber. Sie seien geschlagen, getreten und mit heißem Wasser verbrüht worden.

Kurz darauf stürmten rund 20 Polizisten mit vorgehaltener Waffe die Luxussuite des Ehepaars Gadhafi. Hannibal wurde in Handschellen abgeführt, seine schwangere Frau unter Polizeischutz ins Spital gebracht. Das Ehepaar bestreitet die Misshandlungsvorwürfe vehement und behauptet, die Bediensteten hätten die Übergriffe erfunden, um in der Schweiz Asyl zu erhalten.

„Aug und Aug, Zahn um Zahn“. Doch die Genfer Justiz erließ einen Haftbefehl gegen die Gadhafis. Erst nach der Bezahlung einer Kaution von einer halben Million Schweizer Franken wurden Hannibal und Aline freigelassen. Schwer gekränkt, schworen die Gadhafis Rache: Und zwar „Aug um Aug, Zahn um Zahn“, drohte Hannibals Schwester Aischa, bevor die Familie die Schweiz – wohl für immer – verließ.

Was dieser biblische Ausspruch einer in ihrer Ehre verletzten arabischen Herrscherfamilie bedeutet, muss die Schweiz seither bitter erfahren. Gadhafi ließ Büros Schweizer Firmen in Libyen schließen und die Swiss nicht mehr nach Tripolis fliegen. Später stoppte er die Öllieferungen in die Schweiz und transferierte sein auf helvetischen Konten liegendes Milliardenvermögen ins Ausland. >>> Von Carola Schneider | Samstag, 05. September 2009

Schweiz: Rechte Partei will Libyen Krieg erklären

DIE PRESSE: Ein 22-jähriger Abgeordneter des Tessiner Großrates verlangt einen Angriff, um zwei inhaftierte Geschäftsleute zu befreien. Damit würden die Rechte und die Ehre der Schweiz gewahrt.

Im Konflikt zwischen der Schweiz und Libyen ist jetzt die rechte Partei Lega dei Ticinesi (Liga der Tessiner) so weit gegangen, einen Krieg zu fordern. Die Schweiz solle Libyen den Krieg erklären. Die seit über einem Jahr in Tripolis festgehaltenen Schweizer Geschäftsleute müssten mit Waffengewalt befreit werden, erklärte der Lega-Politiker Boris Bignasca, Mitglied des Tessiner Großrates (Kantonsparlament), in einer Resolution.

Bignasca, der 22-jährige Sohn des Lega-Parteichefs Giuliano Bignasca, verlangt von den Tessiner Behörden, dass sie sich vor der aus beiden Parlamentskammern bestehende Bundesversammlung für diese "außergewöhnliche, aber unausweichliche Initiative" stark machen. Die Schweizer müssten die Risiken und Opfer eines bewaffneten Konflikts mit Entschlossenheit angehen. Schweizer Soldaten könnten in einer Blitzaktion die festgehaltenen Geiseln befreien. Damit würden die Rechte, Interessen und nicht zuletzt auch die Ehre der Schweiz gewahrt.

Die Schweiz dürfe sich nicht gefallen lassen, dass der "Tyrann Gaddafi" die Aufteilung der Schweiz an die Nachbarländer Deutschland, Frankreich und Italien fordere und somit die Souveränität des Landes angreife. Bignasca hofft, dass das Tessiner Kantonsparlament die Resolution noch im September behandeln wird, wie er am Freitagabend gegenüber dem Lokalsender "TeleTicino" sagte. Nervenkrieg um Geschäftsleute >>> Ag. | Samstag, 05. September 2009

Hotel President Wilson >>>