ZEIT ONLINE: Am Ende entscheidet in Marokko der König. Doch dieser reagierte spät auf das Erdbeben und akzeptiert nur Hilfen ausgewählter Staaten. Das könnte ihm politisch schaden.
Schweigen, fast einen ganzen Tag lang. Vom marokkanischen König Mohamed VI. war bis 18 Stunden nach dem schweren Erdbeben von Freitag auf Samstagnacht, das mittlerweile weit über 2000 Tote und ebenso viele, zum Großteil Schwerverletzte gefordert hat, nichts zu hören. Auch von Regierungschef Aziz Akhannouch nicht. Nur die alle paar Stunden vom Innenministerium bekannt gegebenen, rasant steigenden Opferzahlen durchbrachen die behördliche Stille.
Schnell wurde klar: König Mohamed VI. war gar nicht in Marokko. Er befand sich, wie so oft, seit dem 1. September in Paris in einer seiner Luxusresidenzen, die er im Land der einstigen Kolonialherren unterhält. Ob zum Urlaub oder zur ärztlichen Behandlung – darüber waren sich die afrikanischen Medien, die als Erstes berichteten, nicht einig. Schlimmer noch: Wenige Stunden nach dem Erdbeben soll ein Teil der Königsfamilie Marokko verlassen haben. Mohamed VI. blieb nichts anderes übrig als in die Hauptstadt seines Königreiches, nach Rabat, zurückzufliegen. In die betroffenen Gebiete reiste er bislang nicht. » | Eine Analyse von Reiner Wandler, Madrid | Montag, 11. September 2023