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Saturday, September 03, 2022

Mit der Absage der Europride spielt Serbiens Präsident Vucic ein zynisches Spiel

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Die serbische Regierung will einen seit langem geplanten Grossanlass für die Rechte sexueller Minderheiten blockieren. Die Empörung ist gross.

Protestmarsch in Belgrad gegen die Europride, eine Veranstaltung für die Rechte Homosexueller. Auf den Transparenten sind der Tschetnik-Führer Draza Mihajlovic und Putin als «Ikonen» des homophoben Protests zu sehen. | Andrej Cukic / EPA

Aleksandar Vucic ist ein Meister des politischen Spagats. Seit Jahren schon präsentiert sich der serbische Präsident im Westen als verlässlicher Partner im europäischen Integrationsprozess, in Moskau als panorthodoxer Verbündeter und im eigenen Land als Bewahrer des wahren Serbentums. Das vergangene Wochenende liefert reichlich Anschauungsmaterial dafür.

Ablenkungsmanöver für Kosovo-Deal

Im Streit mit Kosovo, dessen Unabhängigkeit Belgrad nicht anerkennt, wurde am Samstag ein erster Durchbruch erreicht. Serbien wird künftig für die Einreise auf sein Territorium kosovarische Ausweispapiere akzeptieren. Die Regierung in Pristina hatte gedroht, andernfalls ihrerseits keine serbischen Dokumente mehr anzuerkennen.

Belgrad betont, dass dies keine implizite Anerkennung der Eigenstaatlichkeit sei. Dennoch ist die jüngste Entwicklung ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Saaten. Kosovos Regierungschef Albin Kurti hat sich mit seinem Beharren auf dem Prinzip der Reziprozität gegenüber Vucic durchgesetzt und damit einen bedeutenden Etappensieg errungen.

Wohl auch um national-konservative Kreise angesichts dieses vermeintlichen Tabubruchs zu besänftigen, kündigte Vucic praktisch gleichzeitig an, die sogenannte Europride nicht zum geplanten Zeitpunkt im September durchführen zu lassen. » | Volker Pabst, Istanbul | Freitag, 2. September 2022