Monday, April 04, 2022

«Wir kämpfen aus Liebe, nicht aus Hass» – wie der russische Staat den Krieg in der Ukraine zu legitimieren versucht

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Offiziell wird der russischen Öffentlichkeit ein unvollständiges Bild der «Militäroperation» in der Ukraine gezeigt. Der Versuch, Kriegseuphorie zu schüren, gelingt nur bedingt. Aber die Ideologie der Gewalt treibt einen Keil in die Gesellschaft.

Wladimir Putin tritt am 18. März an einem Konzert im Moskauer Luschniki-Stadion zur Feier des achten Jahrestags der Krim-«Rückholung» auf. Auch die «Militäroperation» in der Ukraine wird bejubelt. | Sergei Guneyev / Sputnik Pool / EPA

Seit mehr als fünf Wochen führt Russland einen Krieg gegen die Ukraine, der nicht «Krieg» heissen darf. «Militärische Spezialoperation zum Schutz der friedlichen Bürger im Donbass» ist der offizielle Name, der verbirgt, worum es sich eigentlich handelt: um einen Angriff auf das ganze Nachbarland, dessen Bevölkerung Wladimir Putin selbst als zum russischen Volk gehörig beschrieb. Die Verdrehung der Tatsachen ist kein Versehen und keine Relativierung. Die gesamte staatliche Propaganda über das Geschehen in der Ukraine trägt Orwellsche Züge. Sie ist ein Lügengebilde, das einen brutalen Krieg legitimieren soll.

Kampf gegen das Böse

Mit dem Donbass ist eigentlich die Ukraine gemeint, mit Militäroperation Krieg, und dieser ist nach russischer Lesart auch nur da, um den Frieden und die Freiheit zu bringen. Er sei Russland vom Westen, von den USA, «aufgezwungen» worden. Unter «Entnazifizierung» versteht Putin den Sturz der Regierung in Kiew und eine Art Säuberungswelle in der ukrainischen Gesellschaft; unter «Entmilitarisierung» die Zerschlagung und Unterwerfung des Landes. » | Markus Ackeret, Moskau | Montag, 4. April 2022