Jedes Jahr brennen in Nordirland Scheiterhaufen. Verbrannt werden irische Fahnen, Plakate von pro-irischen Parteien und andere Symbole der Katholiken. Leanne Abernethy findet das auch in Ordnung. Sie arbeitet für eine NGO und hofft, dass es in der Gegend rund um Ballymoney am 11. Juli, dem Abend vor dem „Orangemen’s Day“, zu keinen größeren Unruhen kommt. „Wir wollen vor allem verhindern, dass auf den Straßen randaliert wird.“
Dass dieses Fahnenverbrennen Hass schürt, lässt sie nicht gelten. Das habe lange Tradition und sei Teil der Kultur der Loyalisten. Ginge es nach ihr, könnten ruhig auch Europa-Fahnen mit verbrannt werden, denn weder Irland noch die Europäische Union hätten das Recht, den Nordiren irgendetwas vorzuschreiben.
Kris baut seit Monaten an einem Scheiterhaufen. 20 Meter hoch sind die Paletten, dazwischen hunderte Autoreifen. Das Feuer, das anlässlich der Schlacht am Boyene entzündet wird, als Wilhelm der III. die Katholiken besiegte, soll endlich wieder so groß werden, wie vor der Corona-Pandemie. Kris lebt in Coleraine. Hier sind die meisten Protestanten, und viele von ihnen sind enttäuscht, dass das Vereinigte Königreich keinen „harten Brexit“ vollzogen hat. Statt der harten Grenze zu Irland gibt es Kontrollen in der Irischen See, also zum britischen Festland.
Die meisten hier sind unmittelbar vom Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken betroffen, haben Opfer der „Troubles“ im engsten Familienkreis zu beklagen. Der lange Weg der Versöhnung wurde durch den Brexit noch einmal massiv gestört, und an Tagen wie dem 12. Juli spricht kaum jemand von Versöhnung.
Reportage (Deutschland 2021, 32 Min)
Video auf YouTube verfügbar bis zum 16/10/2022