Thursday, January 27, 2022

Putin sollte die Chance für eine gesichtswahrende Lösung nutzen

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Die USA und die Nato haben Russland ein faires Gesprächsangebot übermittelt. Falls es der Kreml schnöde zurückweist, wäre zumindest eines klar: dass Putin nie ernsthaft am Dialog interessiert war, sondern von vornherein auf Krieg setzte.

Die Macht in Russland ist ganz auf Präsident Wladimir Putin zugeschnitten – er allein wird zum Schluss die Entscheidung für oder gegen einen Angriff auf die Ukraine fällen. | Mikhail Svetlov / Getty

KOMMENTAR

Szenarien konfrontiert, sondern auch Russland. Wie könnte Wladimir Putin daraus einen Ausweg finden, nachdem er mit seinem präzedenzlosen Truppenaufmarsch entlang den Grenzen der Ukraine derart hoch gepokert hat? Gut möglich, dass er sich diese Frage gar nicht mehr stellt, weil er sich bereits zu einem Angriffskrieg entschlossen hat. Putin würde damit erst recht als Gewaltherrscher in die Geschichte eingehen – als erster Staatsführer seit Hitler, der ein europäisches Land mit geballter militärischer Macht überfiel, um Grenzen neu zu ziehen.

Wahrscheinlicher ist jedoch, dass eine Invasion für den Kreml weiterhin nur eine von mehreren Optionen darstellt. Putin versteht es, taktische Vor- und Nachteile nüchtern abzuwägen. Die Risiken eines Grosskrieges – von empfindlichen Verlusten über Sanktionen bis hin zu innenpolitischer Kritik – dürften ihn kaum kaltlassen. Trotzdem kann er nun nicht einfach klein beigeben. Mit völlig überrissenen Forderungen hat sich Russland selber in eine Ecke manövriert. » | Andreas Rüesch | Mittwoch, 27. Januar 2022