NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Weil Werbung zu Konsumwahn und Verschuldung führe, verbietet die Stadt kommerzielle Plakate. Dass die Einnahmen das Millionendefizit immerhin abschwächen würden, ist für die Parlamentsmehrheit sekundär.
Es begann alles mit einer Panne. Weil sich die Stadtbehörden und die zuständige Vermarktungsfirma einen Rechtsstreit lieferten, prangte im Januar 2017 auf mehreren tausend Genfer Plakatwänden keine Werbung. In der Regel blieben die Flächen aber nur für kurze Dauer weiss – findige Bewohner füllten sie mit allerlei Zeichnungen, Botschaften und Illustrationen von teilweise anspruchsvollem künstlerischem Wert. Die Aktion schlug bis über die Landesgrenzen hinaus Wellen.
Nach wenigen Wochen war das kreative Übergangsregime wieder vorbei, auf die Plakatwände kehrten die üblichen Werbebotschaften fürs neuste Handy, das schnittigste Auto oder die Apotheke um die Ecke zurück. Doch Genfer Bürgerkomitees hatten Blut geleckt. Sie lancierten eine Volksinitiative mit dem Ziel, kommerzielle Plakatwerbung aus der Stadt zu verbannen. » | Antonio Fumagalli, Lausanne | Freitag, 10. September 2021