Eine Woche ist es her, seit Kabul gefallen ist. Seit einer Woche kontrollieren die Taliban die Hauptstadt und Afghanistan. Die Lage im Land ist noch immer unübersichtlich, es gibt viele Gerüchte, und in den sozialen Netzwerken kursieren Berichte von Grausamkeiten der Taliban, die sich später als falsch erweisen. Fest steht, dass die Taliban gelernt haben: Zu Beginn ihres zweiten Emirats geben sie sich alle Mühe, harmlos zu wirken, wie Befreier, nicht wie Eroberer. Wie ein möglicher Partner für die internationale Gemeinschaft.
Aber es gibt sie noch immer, die andere Seite der Taliban. Eine Woche nach der Machtübernahme häufen sich die Berichte über Hausdurchsuchungen überall in Afghanistan. Es gibt Listen, auf denen Namen von den Menschen stehen, die mit dem Westen kooperiert haben.
«Meine Nachbarn haben mich angerufen, die Taliban stünden vor meiner Haustüre», sagt Abdul Hamid Mohammadi. Er stammt aus Bamian, einer Stadt im Westen Kabuls. «Die Taliban haben nach mir gefragt. Die Nachbarn haben geantwortet, unsere Familie sei nach Kabul geflüchtet», sagt Mohammadi. Kurz bevor Bamian fiel, mietete er ein Auto, den doppelten Preis habe er dafür bezahlt. Er fuhr die Familie ins vermeintlich sichere Kabul. Mohammadi gehört zur schiitischen Minderheit der Hazara und hat für amerikanische Hilfswerke gearbeitet; er sagt, das mache ihn zum Ziel.
Der Fernsehsender Deutsche Welle berichtet, die Taliban hätten einen ihrer Journalisten aufspüren wollen. Bei der Hausdurchsuchung hätten sie ein Familienmitglied ermordet und ein weiteres schwer verletzt. Der Journalist selber lebt mittlerweile in Deutschland. Weitere Tote am Flughafen » | Andreas Babst, Delhi | Montag, 23. August 2021