ZEIT ONLINE: Als erster prominenter deutscher Fußballprofi bekennt sich der frühere Nationalspieler Thomas Hitzlsperger. Er begründet sein jahrelanges Schweigen, spricht über "schwule Pässe", dumme Sprüche in der Kabine und die Frage, ob homosexuelle Fußballer ihre Karriere gefährden.
DIE ZEIT: Herr Hitzlsperger, Sie haben um ein Gespräch gebeten, warum?
Thomas Hitzlsperger: Ich äußere mich zu meiner Homosexualität. Ich möchte gern eine öffentliche Diskussion voranbringen – die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern. Das Thema bleibt immer wieder in den Klischees stecken – Profisportler gelten als perfekt "diszipliniert", "hart" und "hypermännlich". Homosexuelle dagegen gelten als "zickig", "weich", "sensibel". Das passt natürlich nicht zusammen. Ein homosexueller Profisportler? Da werden Widersprüche aufgebaut, über die ich mich in meiner Profikarriere immer wieder geärgert habe. Diese Widersprüche werden an den Stammtischen als Sensationen verkauft. Mich hat zusätzlich geärgert, dass gerade diejenigen mit dem geringsten Sachwissen am lautesten über das Thema reden.
ZEIT: Warum wollen Sie dann jetzt sprechen? Hat Ihnen jemand gedroht, Sie zu outen?
Hitzlsperger: Das wäre für mich keine Drohung. Was soll das? Als Profi war ich eine öffentliche Person, an der sich jeder Soziopath ohne großes Nachdenken reiben konnte. Im Fußball kann dir alles nachgesagt werden, dann giltst du als: "manisch-depressiv", "homosexuell", "spielkrank", "Pleitier". Am häufigsten ist aber zurzeit "homosexuell", vor allem mit der genüsslich-denunziatorischen Bewertung "schwul".
ZEIT: Sie halten den Begriff "schwul" für denunziatorisch?
Hitzlsperger: Ja, so wird er meistens verwendet. (+ Video) » | Von Carolin Emcke und Moritz Müller-Wirth | Montag, 13. Januar 2014