SPIEGEL ONLINE: Der Auftakt zum Berlin-Besuch von David Cameron am Freitag verläuft denkbar schlecht: Volker Kauders Spruch, in Europa werde nun Deutsch gesprochen, sorgt für Protest in Großbritannien. London fürchtet eine Zwei-Klassen-EU. Nun muss Kanzlerin Merkel die Wogen glätten - sie braucht die Briten noch.
Der Satz war eine Steilvorlage für die Euro-Skeptiker auf der Insel. "Jetzt auf einmal wird in Europa Deutsch gesprochen", hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder auf dem CDU-Parteitag in Leipzig gesagt. Das Zitat wurde am Mittwoch von den britischen Zeitungen begierig aufgegriffen, bestätigt es doch alte Vorurteile über den deutschen Machtanspruch.
"Europa spricht jetzt Deutsch!", titelte die Boulevardzeitung "Daily Mail" mit dickem Ausrufezeichen und schob empört hinterher: "UndGroßbritannien soll sich einreihen". Das, so der Tenor in sämtlichen konservativen Blättern, werde selbstverständlich nie passieren. Stattdessen, so die Forderung der Euro-Skeptiker, müsse die Euro-Krise genutzt werden, um sich aus der EU zu "befreien".
Die Kauder-Kontroverse ist das jüngste Indiz für die wachsende Kluft zwischen Berlin und London. Auf britischer Seite befeuerte am Mittwoch Wirtschaftsminister Vince Cable den Streit. Es ging um die Finanztransaktionssteuer. Die von Deutschland geforderte Abgabe auf Geldgeschäfte bezeichnete er als "völlig ungerechtfertigt". Wiederum Kauder hatte die britische Blockade zuvor als verantwortungslos beschimpft. » | Von Carsten Volkery, London | Mittwoch 16. November 2011