SPIEGEL ONLINE: Italien ächzt unter seinen Schulden - und dem Druck Europas: Das Kabinett Berlusconi muss radikale Reformen beschließen, die EU will bis Mittwoch Ergebnisse sehen. Regierung, Präsident und Medien sind sich in einem Punkt einig: Schuld an der Lage sind Kanzlerin Merkel und Frankreichs Sarkozy.
Hamburg/Rom - An Druck ist Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi gewöhnt. Seit Jahren laufen Prozesse wegen Amtsmissbrauchs und Korruption gegen ihn, er hat sich schon durch 51 Vertrauensfragen in seiner Amtszeit gezittert. Doch wohl noch nie stand er so sehr unter Zugzwang wie in diesen Stunden.
Berlusconi weiß: Irgendetwas wird er Rest-Europa bis Mittwoch vorzeigen müssen. Die EUverlangt bis zum Euro-Gipfel von Berlusconi einen konkreten Plan, wie er sein Land aus Schuldenkrise und Wirtschaftsflaute herausführen will. Doch seine Koalition ist derart zerstritten, dass sie sich kaum auf umfassende Maßnahmen einigen kann.
Entsprechend nervös ist man in Rom: Der Premierminister deutet gegenüber einem Journalisten seinen Rücktritt an. Koalitionspartner Umberto Bossi, Chef der Lega Nord, sagt, die Regierung sei in großer Gefahr. Andere aus der Koalition sprechen bereits über Neuwahlen.
Einig ist sich Berlusconis Chaos-Koalition in diesen Tagen vor allem in einem Punkt: Schuld an der dramatischen Lage sind die Franzosen und die Deutschen. Am Wochenende hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy von Berlusconi klare Pläne bis zum Euro-Gipfel verlangt - und auf einer Pressekonferenz bei einer Frage zu ihrem Vertrauen in Berlusconi gelacht (ein Video der Szene findet sich hier). Nun fragt sich ganz Italien: Machen sich Merkel und Sarkozy über Berlusconi lustig - oder gar über die Italiener an sich? » | Von Fabian Reinbold | mit Material von dpa und Reuters | Dienstag 25. Oktober 2011