WELT ONLINE: Beim Barte des Propheten: In den muslimischen Ländern suchen Juristen in den prophetischen Textquellen des Koran nach Hinweisen auf ein Tabakverbot. In den Teestuben und Cafés verfolgen rauchende Muslime diesen Disput eher amüsiert. Niemand käme auf die Idee, die Wasserpfeife wegzulegen.
Im gesamten Koran, dem heiligen Buch der Muslime, lässt sich kein Vers finden, der dem Propheten Mohammed zugeschrieben wird und der da hieße: „Rauchen ist verboten!“ Das mag daran liegen, dass der Genuss von Tabak zu Lebzeiten des Propheten, zu Anfang des 7. Jahrhunderts nach Christus also, auf der Arabischen Halbinsel unbekannt war.
Es gibt nicht wenige islamische Rechtsgelehrte, die das in muslimischen Ländern sehr stark verbreitete Rauchen für Teufelszeug halten und es per Fatwa (religiöses Rechtsgutachten) untersagen wollen. Sie suchen in Koran und überlieferten Sammlungen der Sprüche und Handlungen Mohammeds (Hadithe) nach Hinweisen, der Prophet könne in Sorge um das Wohl seiner Anhänger einen Satz gesagt haben, der es durch juristische Interpretation oder Analogieschluss rechtfertige, den Rauch aus den Teestuben und Cafés zu verbannen.
Ihr Erfolg ist bisher überschaubar. Die Gelehrten bemühen gern Sure 7, Verse 156/157 im Koran: „Allah sagt, meine Barmherzigkeit kennt keine Grenzen. Ich werde sie denen zukommen lassen, die dem Propheten folgen, der ihnen gebietet, was Recht ist, und verbietet, was verwerflich ist, der die guten Dinge für erlaubt und die schlechten für verboten erklärt.“ Die Textstelle lässt viel Raum für Deutung und Interpretation, aber da Rauchen schädlich sei, könne man mit dieser Sure ein Rauchverbot rechtfertigen, meinen die Autoren weit über 400 einschlägiger Fatwas. >>> Von Dietrich Alexander | Sonntag, 07. März 2010