WELT ONLINE: Ist Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ein Prophet? Über diese Frage ist in der türkischen Politik ein heftiger Streit ausgebrochen, der zeitweise sogar mit Fäusten ausgetragen wird. Die vordergründig bizarr anmutende Auseinandersetzung hat einen durchaus besorgniserregenden Hintergrund.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verwahrt sich neuerdings gegen die Behauptung, er sei ein Prophet. Wer so etwas sage, erklärte Erdogan, der habe niederträchtige Beweggründe.
Die bizarre Erklärung folgte auf eine noch viel merkwürdigere Episode im türkischen Parlament Anfang Februar. Da flogen plötzlich die Fäuste, nachdem ein Abgeordneter der nationalistischen Oppositionspartei MHP gehöhnt hatte, Erdogan werde „als Prophet betrachtet“. Darüber erregten sich Abgeordnete von Erdogans islamisch geprägter Regierungspartei AKP. Im Laufe des Wortgefechts brannten einem MHP-Abgeordneten die Sicherungen durch und er schlug zu. Daraus wurde schließlich eine Massenkeilerei mit mehreren Verletzten.
Nun folgte Erdogans zornige Bemerkung, es sei eine Infamie, ihn als Propheten zu bezeichnen. Und zwar deswegen, weil es gegen den Islam verstoße: Vom Podium des Parlaments herab belehrte er die mehrheitlich säkular eingestellten Oppositionsabgeordneten, sie wüssten offenbar nicht einmal, „dass die Kette der Prophezeiungen mit unserem letzten Propheten endete“. Also mit Mohammed. >>> Von Boris Kalnoky | Montag, 15. Februar 2010