ZEIT ONLINE: In Paris eröffnet eine Moschee für Lesben und Schwule. Der Gründer war einst radikaler Salafist – heute kämpft er für einen fortschrittlichen Islam.
Ludovic-Mohamed Zahed sieht müde und ein wenig blass aus in diesen Tagen, kurz vor der Eröffnung seiner neuen Moschee in Paris. "Ich komme nicht zum Essen und nicht zum Schlafen", sagt der 35-Jährige. Der Rummel um ihn und sein Projekt wird seit einigen Wochen immer größer: Gegner beleidigen ihn, Unterstützer schicken Mails mit Lob und Fragen, Journalisten fragen nach seiner Geschichte – alle wollen etwas von Zahed. Er selbst will nur eines: in einer Moschee beten, in der er sich als homosexueller Muslim willkommen fühlt.
Weil er einen solchen Ort weit und breit nicht fand, schafft er ihn nun selbst. Nach Zaheds Angaben wird es die erste Moschee dieser Art inEuropa sein, Vorbilder gibt es schon in den USA. In arabisch-islamischen Ländern wäre so ein Gotteshaus wohl undenkbar. Für viele konservative Muslime ist Homosexualität nicht mit der Religion vereinbar, gilt gar als unmoralisch und pervers. Homosexuelle Handlungen werden in einigen der Staaten gesetzlich verfolgt, in manchen Ländern droht die Todesstrafe – unter Berufung auf das islamische Gesetz. Ob der Koran selbst über Homosexuelle urteilt, ist umstritten. Zahed ist davon überzeugt, dass gleichgeschlechtliche Liebe dort an keiner Stelle verboten wird.
Doch auch wer sich in Frankreich als Muslim offen zu seiner Homosexualität bekennt, bekommt Ablehnung und Diskriminierung zu spüren, weiß Zahed aus eigener Erfahrung. Zum Beispiel Anfang des Jahres, als er nach der Hochzeit mit seinem Mann in Südafrika in eine Pariser Moschee ging. "Der Imam hat in seiner Predigt öffentlich die Homo-Ehe verurteilt", erzählt Zahed, "solche Dinge passieren häufig. Die meisten Moscheen sind heute Orte des Konformismus." Zahed glaubt, dass viele Muslime nur deshalb schwulenfeindlich sind, weil sie den Lehren ihrer konservativen Prediger blind glauben. » | Von Johanna Ritter | Freitag, 30. November 2012