FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: 27. August 2007
Ein Schleier hat sich über die bayerische Landespolitik in den letzten Amtstagen Stoibers gelegt. Jede Äußerung, jeder Vorschlag eines CSU-Politikers wird auf der Folie des sich neu formierenden Machtgefüges interpretiert. Ein Beispiel ist die Auseinandersetzung über die Errichtung eines „Zentrums für Islam in Europa“ in München. In den Medien wird der Streit auf politische Kabalen reduziert - mit einem übereifrigen Staatssekretär des Innenministeriums in der Schurkenrolle, der in die erste Reihe der Politik dränge.
Die Wirklichkeit ist bunter: Bei dem geplanten „Zentrum für Islam in Europa“ handelt es sich um ein ehrgeiziges Vorhaben; auf einer Fläche von rund achttausend Quadratmetern sollen ein Gemeindehaus, eine Akademie für Imame, ein Museum und ein Gebetsraum entstehen. Nichts weniger als eine zentrale Institution für ein „offenes, transparentes und modernes Islamleben“ in Europa soll in der bayerischen Landeshauptstadt entstehen. Es ist ein Anspruch, der an hochmögende Organisatorenkreise denken ließe, mit breitgefächerten Beratergremien - doch weit gefehlt.
Atemberaubend moderne Formensprache
Als Initiator des Zentrums tritt der Imam einer kleinen islamischen Gemeinde in der oberbayerischen Stadt Penzberg auf. Penzberg, fünfzig Kilometer südlich von München gelegen, hat in den vergangenen Jahrzehnten einen erstaunlichen wirtschaftlichen Strukturwandel bewältigt. Nach der Schließung eines Kohlebergwerks im Jahre 1966, das die Stadt geprägt hatte, ist es gelungen, neue Unternehmen anzusiedeln. Mit dem wirtschaftlichen Wandel hat sich auch die Bevölkerungsstruktur geändert: Wie in vielen deutschen Gemeinden sind aus Menschen, die zunächst als „Gastarbeiter“ gekommen waren, Einwanderer geworden.
Wie andernorts ist auch in Penzberg damit ein konfessioneller Wandel verbunden; mit Türken, Bosniern und Arabern ist der Islam in der Stadt heimisch und in beeindruckender Weise sichtbar geworden: Das 2005 eröffnete islamische Gemeindezentrum, gelegen an einer Ausfallstraße, weist eine architektonische Qualität auf, die sich auch in London oder Paris sehen lassen könnte. Religiöse Traditionen sind hier in eine atemberaubend moderne Formensprache übersetzt worden. Der Imam von Penzberg Von Albert Schäffer, Penzberg
Mark Alexander