In der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 wurde der letzte Zar, Nikolaus II., zusammen mit seiner gesamten Familie im Untergeschoss der Ipatjew-Villa in Jekaterinburg erschossen. Die Ausrottung der Romanow-Dynastie, aus der seit 300 Jahren die russischen Monarchen hervorgingen, beendete die Zarenherrschaft und gehörte zu den Triumphen der bolschewistischen Revolution. Pierre Gilliard, der Sohn von Weinbauern aus dem schweizerischen Waadtland, hat diese geschichtsträchtigen Tage hautnah miterlebt. Ab 1904 bekleidete er die privilegierte Position als Hauslehrer der Zarenkinder. Sein Tagebuch wurde gleich nach seiner Veröffentlichung 1921 ein Bestseller. Gilliard liefert darin eine genaue Schilderung der Ereignisse am russischen Hof zwischen 1905 und 1918. Aber der junge Schweizer beschränkte sich nicht auf schriftliche Aufzeichnungen: Er hatte auch eine Leidenschaft für die brandneue Technologie des Fotografierens. Mit einem kleinen Holzapparat machte der Hobbyfotograf während dieser Zeit Hunderte Fotos vom Privatleben der Zarenfamilie. Anhand des Tagebuchs und der Fotos von Gilliard zeichnet „Der Untergang der Romanows - Testat des Tutors Pierre Gilliard“ den Zeitpunkt der radikalen Schicksalswendung eines Menschen und eines ganzen Volkes nach. Ergänzt wird die Dokumentation durch Kommentare von Historikern, die auf die Russische Revolution spezialisiert sind. Jedes der geschilderten Ereignisse wird in den politischen Kontext eingeordnet. Der Zuschauer erlebt aus erster Hand, wie sich der ideologische Konflikt Tag für Tag zuspitzte und schließlich in den Aufstand des Proletariats mündete, der den Grundstein für die spätere Sowjetunion legte.
Dokumentarfilm von Patrick Cabouat (F 2017, 87 Min)