FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: Der russische Präsident Putin wird sich bald entscheiden müssen, was gefährlicher für seine Herrschaft ist: weitere militärische Misserfolge oder eine Mobilmachung.
In seiner Rede am Morgen des Angriffs auf die Ukraine hat der russische Präsident Wladimir Putin sein Handeln mit der Erfahrung des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion 1941 begründet. Laut seiner Darstellung war die Lage für Russland Anfang dieses Jahres ebenso gefährlich wie in jenen Monaten vor 81 Jahren, in denen die Nationalsozialisten ihren Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion vorbereitet haben. Die rechtzeitige „Entnazifizierung“ und „Entmilitarisierung“ der Ukraine seien nötig, um eine Wiederholung der Schrecken zu verhindern, welche die Menschen in der Sowjetunion damals erleiden mussten, behauptete er.
Dieser Vorgabe folgend, schildert die russische Propaganda den Krieg in der Ukraine seither in schrillen Tönen als einen Kampf um das Überleben Russlands. In einem merkwürdigen Kontrast dazu wird der Krieg jedoch gleichzeitig als „militärische Spezialoperation“ kleingeredet und vom Alltag der Bevölkerung ferngehalten. Stünde wirklich Russlands Existenz auf dem Spiel, dann müsste die Regierung alles ins Gefecht werfen, was ihr zur Verfügung steht. Jeder Rückschlag an der Front müsste das ganze Land in Alarmzustand versetzen und noch größere Anstrengungen zur Folge haben. Aber so ist es nicht. Nach dem Zusammenbruch der russischen Front im Charkiwer Gebiet taten Putin und die Armeeführung so, als sei nichts Besonderes geschehen. Moskau feierte mit Tanz und Feuerwerk seinen Stadtgeburtstag. » | Ein Kommentar von Reinhard Veser | Sonntag, 18. September 2022
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