Besondere Zeiten schaffen zuweilen unerwartete Karrieren. Dmitri Medwedew, von 2008 bis 2012 Russlands Präsident und anschliessend bis 2020 Ministerpräsident, schien auf dem extra für ihn geschaffenen Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Sicherheitsrates in Vergessenheit zu geraten. Plötzlich macht der langjährige Weggefährte Wladimir Putins jedoch fast täglich mit Ergüssen in seinem Telegram-Kanal auf sich aufmerksam. Staatliche Medien nehmen seine Kommentare zum Geschehen auf. Er ist zu einer der lautesten Stimmen der «Partei des Krieges» in Russland geworden – jener Adepten Putins, die in ihrer Wortwahl oft noch weitergehen als der Präsident.
Drastische Vorschläge und Pöbeleien
Bereits wenige Tage nach Russlands Einmarsch in der Ukraine am 24. Februar denkt Medwedew laut über die Vorzüge nach, die ein Austritt aus dem Europarat für Russland hätte. Unter anderem erwähnt er die Möglichkeit, die Todesstrafe wieder einzuführen. Er greift die Versatzstücke der antiukrainischen Propaganda auf, etwa die angeblichen, gegen Russland gerichteten biologischen Laboratorien der USA im Nachbarland. Die Sanktionen des Westens vergleicht er mit der Inquisition und betont immer wieder, wie sehr sich der Westen damit selbst schade. » | Markus Ackeret, Moskau | Samstag, 7. Mai 2022