Marine Le Pen präsentiert sich gerne als Kandidatin des Volkes. Wenn dieses wählen werde, werde es gewinnen, rief die Kandidatin des rechtsnationalistischen Rassemblement national kürzlich bei einem Kampagnentreffen und forderte ihre Anhänger auf, am kommenden Sonntag nicht den Urnen fernzubleiben. Bei der einzigen Fernsehdebatte mit ihrem Konkurrenten Emmanuel Macron am Mittwochabend pries sie gleich zu Beginn das französische Volk, das unter dem amtierenden Präsidenten schwer gelitten habe.
Auf dieses «Volk» setzt Le Pen auch, um im Fall ihres Siegs eines ihrer umstrittensten Wahlkampfversprechen zu erfüllen: Sie will die Französinnen und Franzosen über eine Verfassungsänderung abstimmen lassen, um eine Art Inländervorrang festzuschreiben. Dadurch würden Franzosen gegenüber Ausländern beim Zugang zu Jobs, Sozialwohnungen und Sozialleistungen bevorzugt. Da das Vorhaben gegen EU-Recht verstossen würde, will Le Pen auch den Vorrang von französischem über europäischem Recht in der Verfassung verankern. » | Judith Kormann | Samstag, 23. April 2022