FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: Während die wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Verbrechen voranschreitet, wird der Antisemitismus in der Bevölkerung stärker. Deshalb brauchen wir Gedenktage und Holocaust Education an den Schulen. Ein Gastbeitrag von Josef Schuster.
Am 20. Januar 1942 fanden sich 15 leitende Beamte der NS-Administration in einer herrschaftlichen Villa am Wannsee zu einer „Besprechung mit anschließendem Frühstück“ ein. Wer heute flüchtig die Dokumente und das Protokoll der Sitzung liest, könnte angesichts der Sprache und Terminologie meinen, es ginge um Waren, deren Vertrieb optimiert werden müsse im damaligen Deutschen Reich samt der besetzten Länder und Gebiete.
Doch es ging um Menschen. Es ging um Millionen jüdischer Frauen, Männer und Kinder, die nach der nationalsozialistischen Ideologie nicht als vollwertige Menschen betrachtet wurden und denen das Lebensrecht abgesprochen wurde.
Ihre Verfolgung war 1942 bereits in vollem Gange. Jetzt sollten die verbleibenden rechtlichen und administrativen Schritte zur „Endlösung der Judenfrage“ geklärt werden. Es ging um die optimale Vorbereitung und Durchführung des Völkermordes an den europäischen Juden – um ein „bürokratisch organisiertes Staatsverbrechen“, wie es die Historiker Norbert Kampe und Peter Klein bezeichnet haben. Ziel war die Ermordung von elf Millionen Juden in rund 30 Ländern. Das Auswärtige Amt reichte am Tag vor der Sitzung „Wünsche und Ideen“ zu dem geplanten Völkermord ein. » | Von Josef Shuster * | Mittwoch, 19. Januar 2022
* Josef Schuster ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
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