Friday, August 27, 2021

Debakel in Afghanistan: Biden trägt die Verantwortung für die Demütigung Amerikas

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Nach dem Anschlag vor dem Flughafen Kabuls haben die USA erstmals seit anderthalb Jahren wieder Opfer in Afghanistan zu beklagen. Der Präsident lässt mit der desolaten Umsetzung des Truppenabzugs missen, wofür er in der Auseinandersetzung mit Trump stand: Besonnenheit und Kompetenz.

Die Auftritte des amerikanischen Präsidenten in diesen dramatischen Tagen wirken wenig überzeugend. | Stefani Reynolds / Imago

KOMMENTAR

Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung kennt Präsident Joe Biden die Spielregeln der Politik. Er weiss genau, wie eng sein Gestaltungsspielraum ist, bevor in den Zwischenwahlen im kommenden Jahr der Verlust der prekären demokratischen Mehrheiten im Kongress und damit seiner Handlungsfähigkeit droht. Beflügelt von ersten innenpolitischen Erfolgen, entwarf er deshalb im Frühling das Drehbuch für ein amerikanisches Sommermärchen.

Bis zum Independence Day am 4. Juli sollte die Impfkampagne so weit fortgeschritten sein, dass die Vereinigten Staaten auch die «Unabhängigkeit» vom Coronavirus feiern könnten. Am 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September wollte Biden nach dem vollständigen Truppenabzug das offizielle Ende des Militäreinsatzes in Afghanistan verkünden. Und irgendwann dazwischen würde der Kongress mit überparteilicher Mehrheit ein billionenschweres Infrastrukturpaket verabschieden, eines der wichtigsten Anliegen Bidens. All das, so das Kalkül des Präsidenten, könnte seine Partei entgegen den Gepflogenheiten vor Verlusten bei den Zwischenwahlen bewahren. Ein albtraumhafter Sommer » | Meret Baumann | Freitag, 27. August 2021