Der Sommer verspricht schön zu werden. Unter den Linden in Berlin, auf den Champs-Elysées in Paris, vor den Cafés in Wien und St. Petersburg, überall genießen die Menschen die lauen Abende. Am 28. Juni 1914 tickern in allen Pressebüros die Telegrafen: Franz Ferdinand, der Thronfolger der österreichisch-ungarischen Monarchie, ist in Sarajewo ermordet worden. Fünf Wochen später steht Europa am Rande des Abgrunds. Mit unglaublicher Leichtfertigkeit haben die europäischen Politiker und Monarchen den Mechanismus der gegenseitigen Drohungen, Ultimaten und Mobilmachungen in Gang gesetzt, der den Kontinent in den Untergang führt, in einen Krieg, wie ihn die Menschen zuvor nicht kannten. Die Militärs und Politiker erkennen zwar in letzter Stunde, dass es sich um einen "Sturz ins Ungewisse" handelt, um einen Krieg, den niemand gewinnen kann. Aber "da es nun einmal beschlossen ist, kann es nicht mehr geändert werden" (Chef des Generalstabs Helmuth von Moltke, 1848 - 1916). Am 3. August 1914, als deutsche Truppen bereits das neutrale Belgien überfallen haben, sagt der britische Außenminister Sir Edward Grey: "In diesem Moment gehen in Europa wieder die Lichter aus. Wir alle werden sie in unserem Leben nie wieder leuchten sehen."
Die Bürger Europas, von ihren Kaisern und Präsidenten manipuliert und belogen, begrüßen den Konflikt begeistert als "Stunde des Vaterlandes" oder als "nationale Wiedergeburt". Zehn Millionen Männer werden den "frischen fröhlichen Krieg" mit ihrem Leben bezahlen. Die großen Monarchien in Deutschland, Österreich-Ungarn und Russland brechen 1917/18 zusammen. Dem Krieg folgen mit dem Erstarken von Faschismus und Bolschewismus das "Zeitalter der Extreme", der verdeckte Bürgerkrieg der 20er Jahre und die revanchistischen Ressentiments, die schließlich in den nächsten Weltkrieg führen.
Mit historischem Filmmaterial aus Deutschland, Österreich, Ungarn, Russland, Frankreich, England, Italien und den USA und mit neuesten Forschungsergebnisse stellt die Dokumentation von Werner Biermann den "Untergang des alten Europa" in ihren Kontext.