So tritt sie selten vor das Volk - so matt, so leise. Marine Le Pen, die sonst allzeit kämpferische Vorsitzende von Frankreichs Front National, flüstert an diesem Abend ins Mikrofon. Auch jetzt, da sie ihren Anhängern verspricht, sie werde eines Tages "den islamischen Fundamentalismus ausrotten". Oder später, da sie den Mächtigen in Paris vorwirft, "dass sie eben nicht alles getan haben, um uns vor den Terroristen zu beschützen".
Ihre Sätze klingen merkwürdig sanft, wie in Watte gepackt. Behutsam geht Marine Le Pen hin und her auf der Holzbühne im Gemeindehaus von Villers-Cotterêts, unendlich müde wirkt sie, da sie sich eine zottelige Strähne aus dem Gesicht streicht und zum Ende kommt: "Am Sonntag werden wir einen schönen Sieg feiern." Immerhin, sie lächelt.
Selbstverständlich, die 200 Zuhörer im Saal haben die Rede ihrer Partei-Präsidentin artig beklatscht. Und Franck Briffaut, der lokale Bürgermeister, strahlt, seit ihn Le Pen eine knappe Stunde zuvor mit Küsschen begrüßte. Aber es gibt auch Kritik: "Diesmal hat Marine nicht alles gegeben", mault eine beleibte Dame beim Apero: Es gibt Kartoffelchips, dazu Weißwein aus Plastikbechern. » | Von Christian Wernicke | Samstag, 5. Dezember 2015