Sunday, June 16, 2013


Rede in Istanbul: Erdogan, der Hassprediger

SPIEGEL ONLINE: Er lässt mit brutaler Gewalt den Gezi-Park räumen, beschimpft die Demonstranten als Terroristen und hetzt gegen ausländische Medien: Premier Erdogan heizt den Konflikt in der Türkei erneut an. Ein Ende des Protests gegen ihn ist nicht in Sicht.

Für kurze Zeit sah es so aus, als würde der Premier einlenken, als hätte Recep Tayyip Erdogan aus der Revolte gegen seine Regierung in den vergangenen Wochen gelernt.

Mitte der Woche traf er sich mit Demonstranten, die sich für den Erhalt des Gezi-Parks in Istanbul einsetzen. Er sagte, die Richter würden über die Zukunft des umstrittenen Parks beraten und stellte ein Referendum in Aussicht. Erdogan, der Despot, als Schlichter? Spätestens seit Sonntag Abend steht fest, dass daraus nichts werden wird.

Bereits am Samstag bekräftigte Erdogan auf einer Kundgebung in Ankara das Ende seiner Geduld. In der Nacht setzten seine Sicherheitskräfte diese Ankündigung um: Sie ließen den Gezi-Park, der in den vergangenen Wochen zum Symbol des Widerstands wurde, von Bulldozern räumen. Sie verfolgten Demonstranten und knüppelten sie nieder; sie schossen Tränengas in Cafés, und Hotels, wohin die Menschen flohen. Ärzte, die Verwundete behandelten, wurden verhaftet.

Am Sonntag gingen die Menschen in der Türkei trotzdem wieder gegen die Regierung auf die Straße. Zur gleichen Zeit hält Erdogan in Istanbul eine denkwürdige Rede. Liberale Kommentatoren werden sie später als "beängstigend" und "hasserfüllt" beschreiben. » | Aus Istanbul berichten Maximilian Popp und Mirjam Schmitt | Sonntag, 16. Juni 2013