PRO: Der Islam benötige "Vorbilder, die unbequeme Fragen stellen", ist die Integrationsexpertin der SPD Lale Akgün überzeugt. Ein Martin Luther im Islam wäre nicht schlecht, sagt die ehemalige Bundestagsabgeordnete, die sich einen "Aufstand der Kopftuchmädchen" wünscht.
"Ich möchte, dass sich die Frauen ihr Recht nehmen und nicht abwarten, dass sich irgendwann etwas ändert", sagte die Muslimin, die Referatsleiterin in der Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen ist, im Interview mit dem evangelischen Magazin "Chrismon". Entsprechend heißt ihr aktuelles Buch "Aufstand der Kopftuchmädchen" (Piper, 2011).
An Universitäten sei ein Kampf um Gleichberechtigung muslimischer Frauen bereits zu sehen, gibt sie zu verstehen. Doch wenn muslimische Frauen in die Öffentlichkeit gingen, hätten sie Angst. "Der Gesetzgeber und die Gesellschaft können eine Menge gegen die Angst tun. Sie können Rahmenbedingungen schaffen, die Unterdrückung nicht zulässt." Überlasse man das Zivilrecht den Imamen, würde ihr allein der Gedanke ein "kaltes Grausen" verursachen.
So verurteilt Akgün etwa den Vorschlag, islamische Schiedsgerichte in Deutschland einzurichten, als falsch. Dies hatte etwa der rheinland-pfälzische Justizminister Jochen Hartloff (SPD) vorgeschlagen. Die Politikerin erinnert daran, dass Mohammed Entscheidungen in und für seine Zeit getroffen habe. "Und wir müssen entscheiden, wie wir es heute machen." Das starre Festhalten an Traditionen habe zum einen etwas Beruhigendes, gibt sie zu, aber sie nennt es eine "Pseudosicherheit". Der Islam brauche einen Reformatoren wie Martin Luther, ist Akgün überzeugt. » | Von js | Dienstag, 03. April 2012