NZZ ONLINE: Viele Bräuche und Traditionen ultraorthodoxer Juden scheinen heute veraltet. Doch sie sowie das Studium heiliger Schriften sind die Gründe, warum das jüdische Volk jahrtausendelang auch ohne eigenes Territorium überleben konnte.
Bei einem Spaziergang durch Jerusalem kann man dieser Tage, wie jedes Mal im Herbst, allenthalben kleine aus Holz, Laub und Tüchern zusammengestellte Hütten sehen, in denen Familien ihre Mahlzeiten einnehmen oder trotz den kälter werdenden Herbsttagen sogar übernachten. Es handelt sich aber nicht um Obdachlose, sondern um orthodoxe Juden, die das Laubhüttenfest Sukkot, das biblische Erntedankfest, feiern. Auch in andern Ländern, in denen Juden leben, kann diese Tradition alljährlich im September oder Oktober beobachtet werden.
Die Hütten erinnern an die Behausungen, in denen die Juden nach dem Auszug aus Ägypten während ihrer vierzigjährigen Wanderung durch die Wüste lebten. Schon Tage zuvor war mitten in Jerusalem ein Markt entstanden, auf dem Hunderte von Männern vier vorgeschriebene Pflanzenarten kaufen, diese aber vorher mit Lupen minuziös kontrollieren, um sicherzugehen, dass sie keine Makel aufweisen. » | George Szpiro, Jerusalem | Neue Zürcher Zeitung | Samstag 15. Oktober 2011