BASLER ZEITUNG: Die Rückkehr Wladimir Putins erniedrigt die russischen Staatsbürger, sagt der Philosoph Michail Ryklin. Er spricht im Interview über die erstickte Opposition und die tragische Geschichte seiner Frau.
Herr Ryklin, nun ist es offiziell: Wladimir Putin kehrt zurück. Was bedeutet das für Russland?
Nichts Gutes. Putin ist seit 12 Jahren ununterbrochen am Ruder. Acht Jahre als Präsident, vier Jahre als der Mann hinter Dmitri Medwedew. Jetzt stehen uns weitere 12 Jahre bevor. Für die russischen Staatsbürger ist das erniedrigend. Medwedew hat offen gesagt, der Ämtertausch sei schon vor langer Zeit entschieden worden. Dabei stehen die Wahlen ja erst an! Die reden, als ob alles entschieden wäre. Die Wahlen sind also eine Formalität. Das heisst, es gibt keine Wahlen mehr in Russland.
Hatten Sie Hoffnungen gesetzt in Medwedew?
Ja. So wie alle. Die ganze Welt hat Medwedew als milde Alternative zu Putin gesehen. Man wusste, er war Putins Mann. Aber er schien unabhängiger, liberaler zu werden. Jetzt ist die Seifenblase geplatzt. Wir glaubten, es herrsche Spannung zwischen Putin und Medwedew. Doch da herrscht nur Kumpanei. Es war ein Spielchen, mehr nicht. Ich glaube, die Russen sind sehr enttäuscht. » | Von David Hesse | Samstag 01. Oktober 2011