FRANKFURTER ALLGEMEINE: Marine Le Pen, Vorsitzende des rechtsextremen Front National, wettert gegen Euro, EU und Migration. Viele Franzosen mögen sie. Ein Mittagessen mit der Rivalin von Präsident Sarkozy.
Es gibt kein Mikrofon in dem feinen, stuckgeschmückten Saal des Restaurants gleich bei der Comédie Française in Paris. „Ich spreche sowieso laut“, sagt Marine Le Pen. Die 42 Jahre alte Vorsitzende der rechtsextremen Partei Front National (FN), die enge dunkelblaue Jeans zur weißen Designerjacke trägt, ist sichtlich guter Laune. In einem Jahr sind Präsidentenwahlen und alle jüngeren Umfragen sehen die FN-Chefin sicher in der Stichwahlrunde. Im ersten Wahlgang schlägt sie Präsident Sarkozy, aber auch den sozialistischen Umfragefavoriten Dominique Strauss-Kahn, sagen die Meinungsforschungserhebungen. Anders als ihr Vater Jean-Marie Le Pen muss sie sich nicht abmühen, in den Medien Gehör zu finden. Sie kann sich vor Anfragen kaum retten und wird zum Mittagessen eingeladen wie etablierte französische Politiker. „Die Themen fliegen uns geradezu zu“, sagt sie.
Derzeit ist es die Krise der Europäischen Union, die Marine Le Pen umtreibt. Der Fall Griechenland zeige eindeutig, dass die europäische Staatsschuldenkrise längst nicht überwunden sei. „Ich bin keine Antieuropäerin“, sagt Frau Le Pen. „Aber ich gehe davon aus, dass das ganze europäische System irgendwann zusammenbricht.“ Sie wolle Frankreich vorbereiten auf den Tag, an dem die Eurozone auseinanderbreche. Der Euro sei ein „historischer Fehler“ gewesen, und bislang spürten vor allem die Länder an der europäischen Peripherie dessen ökonomische Auswirkungen.
„Schwaches Wachstum, Jobverlagerung in Billiglohnländer, negative Handelsbilanzen und Arbeitslosigkeit“ seien die Bilanz des Euro. „Glauben Sie wirklich, dass Griechenland aus eigener Kraft den Bankrott vermeiden kann? Glauben Sie wirklich, dass Griechenland eine Zukunft mit dem Euro hat?“, fragt sie. Mit einer starken Währung könne Griechenland im internationalen Konkurrenzkampf nicht wettbewerbsfähig sein. » | Von Michaela Wiegel, Paris | Dienstag, 10. Mai 2011