FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: Noch sieht sich Marokko als stabile Oase im Maghreb. Doch auch hier werden Forderungen laut, die den König in Bedrängnis bringen könnten. Die Frage ist, ob er bereit ist, über seinen Schatten eines absoluten Monarchen zu springen.
Die meisten Marokkaner, auch die jungen, sprechen gut über ihren König. „M 6“, wie sie Mohammed VI. nennen, ist im zwölften Jahr nach seiner Thronbesteigung zwar nicht mehr der „cool king“ auf dem Jetski, der seinen autoritären Vater Hassan II. ablöste. Er hat auch etwas von dem Glanz des experimentierfreudigen „Reformkönigs“ der ersten Phase eingebüßt. Aber wenn er zu seinen Untertanen spricht - in der Doppelrolle als Monarch und „Beherrscher der Gläubigen“ -, tut er es mit der Verheißung von mehr Modernisierung und wirtschaftlichem Aufschwung.
Doch auch in Marokko hatten in fast allen Großstädten arbeitslose jugendliche Akademiker über das Internetportal Facebook am vergangenen Sonntag zu Kundgebungen für mehr Demokratie, weniger Korruption, mehr Jobs und eine Verfassungsreform nach dem „spanischen Vorbild“ einer funktionierenden konstitutionellen Monarchie aufgerufen. Sie verliefen zunächst friedlich, bis sich in den Abendstunden, wie es offiziell heißt, sporadisch „kriminelle Elemente“ einmischten, Geschäfte plünderten, Drogen und Alkohol aus einer Zollstation raubten und unter den Augen einer zu strikter Zurückhaltung veranlassten Polizei als Straßenvandalen marodierten. In Tanger waren es Hooligans aus dem Fußballstadion, die sich nach einem Spiel der Menge anschlossen. In Al Hoceima wurden nach einem Brandanschlag auf eine Bankfiliale fünf noch nicht identifizierte verkohlte Leichname gefunden. Waren es Angestellte oder Bankräuber? Das verdüsterte das Bild eines „Tages der Würde“, der Marokko eigentlich von seiner liberalen Seite zeigen sollte. Weiter lesen und einen Beitrag abgeben >>> Von Leo Wieland, Tanger | Samstag, 26. Februar 2011