NZZ am SONNTAG: In den Bergen von Dagestan hat die Scharia das weltliche Gesetz längst abgelöst. Extremisten verbreiten von dort aus Terror. Korruption und staatliche Willkür geben ihnen Auftrieb.
Balachani ist ein verschlafenes Nest in den Bergen Dagestans. Im Schritttempo kämpft sich der Lada auf der Schotterpiste ins Hochtal hinauf. Frauen im schwarzen Ganzkörperschleier huschen über die staubige Dorfstrasse, bevor sie wie Schatten in den Höfen verschwinden. Nur ein paar Kühe sind sonst unterwegs. Balachani liegt im schroffen Vorgebirge des kaukasischen Hauptkammes, vier Autostunden von der dagestanischen Hauptstadt Machatschkala am Kaspischen Meer entfernt. Im März erlangte der 1000-Seelen-Ort traurige Bekanntheit, nachdem sich zwei Selbstmordattentäterinnen in der Moskauer Metro in die Luft gesprengt und 40 Personen in den Tod gerissen hatten. Eine dieser sogenannten schwarzen Witwen, Mariam Scharipowa, war in Balachani zu Hause. >>> Klaus-Helge Donath, Machatschkala | Sonntag, 09. Januar 2011