FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: Mit seinem Pyrrhussieg erreichte der Spitzenkandidat der britischen Konservativen den vorläufigen Höhepunkt einer Karriereleiter, die er rasch und entschlossen erklommen hatte. Ihm steht nun der schwierigste Schritt aber noch bevor.
David Cameron hat mehr errungen als einen Pyrrhussieg, doch ein Triumph ist es nicht geworden. Die Konservativen hätten unter seiner Führung einen höheren Zugewinn an Sitzen erlangt, als er einst der konservativen Heldin Margaret Thatcher bei ihrem ersten Wahlsieg gelungen sei, beeilten sich Camerons Helfer und Anhänger am Freitag zu versichern. Aber über die wichtigste Zielmarke, die absolute Mehrheit, hat ihn die Welle der Wechselwähler dann doch nicht getragen.
Damit wartet auf Cameron augenblicklich die größte Bewährungsprobe - bevor er noch die Hand auf den Preis seines Erfolges, das Amt des Premierministers, legen kann. Es kommt auf seine Argumentationskraft und Besonnenheit an, um die britische Öffentlichkeit - die über den von ihr verursachten Wahlausgang nun selber verunsichert zu sein scheint - an seiner Seite zu halten. Das Ringen mit der Labour-Partei um das Recht der Regierungsbildung wird mit moralischen und machttaktischen Griffen entschieden werden.
Das bedingt eine Handlungsfreiheit für den konservativen Parteichef, die sich Cameron, seit er vor fünf Jahren im Handstreich die Führung der Tories übernahm, zäh und geduldig in der eigenen Partei erworben hat. Er hat die Konservativen mit grünen Überzeugungen und einem sozialen Gewissen ausgestattet und ein paar im eigenen Lager umstrittene Wahlaussagen durchgesetzt - etwa den Verzicht auf eine neue Start- und Landebahn für den Londoner Flughafen Heathrow -, um diesen Wandel glaubwürdig zu illustrieren. Obwohl konservativ ein Erbe Blairs >>> Von Johannes Leithäuser, London | Freitag, 07. Mai 2010