WELT ONLINE: Schon in den 70er-Jahren gingen Ölstaaten in Deutschland auf Einkaufstour und sicherten sich namhafte Firmen. Dann verschwanden sie fast drei Jahrzehnte von der Bildfläche. Nun melden sich die Scheichs mit prall gefüllten Kassen zurück: Der Kauf der Hamburger Werft Blohm + Voss wird nicht die letzte Übernahme bleiben.
Projekt „Flora“ war wie ein Klassentreffen. Die handelnden Personen waren die gleichen, die Berater auch. Die Orte, an denen man sich meist im Geheimen traf, waren längst bekannt und auch die Themen, um die sich die Treffen drehten, waren die selben wie in den letzten zwölf Monaten: Schiffe und Werften, die sie herstellen. Und wie schon im Sommer entschied sich der ThyssenKrupp-Konzern für das Emirat Abu Dhabi als Käufer für einen weiteren Teil seiner ehemaligen Werftensparte. Schon im Juli hatte die Abu Dhabi MAR Group die Werftentochter Nobiskrug übernommen.
Jetzt folgte ein weiterer Teil der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss: Die Firma aus dem Ölstaat übernehme jeweils 80 Prozent an den Gesellschaften Blohm + Voss Shipyards, Blohm + Voss Repair, und werde zudem 50 Prozent an einer neuen Firma halten, die Kriegsschiffe baut. Kritiker argwöhnen, dass künftig nur noch ein Bruchteil in Hamburg stattfindet – der Rest weit weg auf der arabischen Halbinsel. Die IG Metall klagt bereits: „Das ist der Anfang des Ausstiegs aus dem zivilen Schiffbau in Deutschland.“ ThyssenKrupp selbst feiert den Verkauf an die arabischen Investoren als Meilenstein. Es ist vor allem ein finanzieller Befreiungsschlag für den angeschlagenen Industrieriesen vom Rhein. >>> Frank Seidlitz | Freitag, 16. Oktober 2009