WELT ONLINE: Margaret Thatcher hat Großbritannien von Grund auf verändert. Sie modernisierte das damals marode Land. Als Eiserne Lady bekämpfte sie Gewerkschaften, privatisierte Staatsbetriebe und hielt Distanz zur EU. Heute vor 30 Jahren kam Margaret Thatcher an die Macht. In ihrem Land ist sie umstrittener denn je.
Sie gehört in jene Kategorie von historischen Figuren, mit denen man die Zeitrechnung einteilt in ein „Davor“ und „Danach“. So sprechen wir heute vom Vor-Thatcher Großbritannien und vom Nach-Thatcher Großbritannien.
Dazwischen vollzog sich die tiefgreifendste Metamorphose der jüngeren britischen Geschichte überhaupt. Sie veränderte das Vereinigte Königreich fast bis zum Nicht-mehr-Wiedererkennen.
Viele Wunden wurden aufgerissen im Verlauf dieser Revolution. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich bis heute Hass und Bewunderung zu gleichen Teilen um Margaret Thatcher ranken. Was dagegen nicht bestritten wird, auch nicht von ihren Verächtern, ist ihr heraus gehobener Platz in der Zeitgeschichte.
Vor 30 Jahren, in der Unterhauswahl vom 3. Mai 1979, kam sie an die Macht, mit einer eher bescheidenen Mehrheit von 43 Sitzen, die sie vier Jahre später freilich bereits auf 144 steigern konnte. Dazu verhalf ihr vor allem die argentinische Junta, die im April 1982 mit der Besetzung der Falkland-Inseln eine Verletzung des Völkerrechts beging und damit bei der „Eisernen Lady“ ein klassisches „We shall never surrender“ provozierte.
Im Zeichen der Finanz- und Wirtschaftskrise sucht der britische Zeitgenosse gerne nach Sündenböcken für die gegenwärtige Malaise. Als Erster bietet sich Gordon Brown an, der zunehmend glücklos agierende Premierminister.
Aber man bohrt weiter: Womit begann denn alles, wer ließ das wilde Tier ungezügelter Bereicherungssucht von der Leine, wer lenkte die Risikobereitschaft der Bürger in die Abgründe fröhlicher Verschuldung, wer predigte als Erster die Segnungen des Marktes, ohne auf die Fallstricke der Unachtsamkeit hinzuweisen? Die modische Antwort: Margaret Thatcher. >>> Von Thomas Kielinger | Sonntag, 3. Mai 2009