DIE ZEIT: Die USA nehmen zwar großzügig Immigranten auf, aber sie werfen sie auch ebenso leichtherzig wieder hinaus
Derzeit bereitet sich die amerikanische Immigrationsbehörde auf einen Großeinsatz vor: Rund 200.000 Ausländer, die in Haft sitzen, sollen in diesem Jahr abgeschoben werden, ein Viertel mehr als im Vorjahr. Der Großteil hatte eine Aufenthaltserlaubnis, einige sogar eine Green Card, die unbefristet gilt. Aber wer in Amerika für mehr als ein Jahr ins Gefängnis muss, wer Drogendelikte, Einbrüche, eine Vergewaltigung oder andere Gewalttaten begeht, der sitzt nach Verbüßung der Haftstrafe im Flugzeug.
Das dauert manchen Kommunen sogar zu lange, sie wollen nicht die Haftkosten für Ausländer tragen. Deshalb hat die Immigration and Customs Enforcement Agency, die dem Department of Homeland Security untersteht, das Verfahren beschleunigt: Wer wegen eines Verbrechens einsitzt, das nicht mit Gewalt verbunden war — Drogen, oder die Verletzung von Auflagen, die mit dem Immigrantenstatus einhergehen — dem sollen die letzten Haftmonate erlassen werden. Statt dessen geht es gleich nach Hause. Zwar wird die Abschiebewelle erst einmal 200 Millionen Dollar kosten, aber langfristig hofft die Agency, das mehrfache davon durch weniger Gefängniskosten zu sparen.
Öffentliche Empörung darüber, kriminelle Ausländer zu deportieren, ist in den USA undenkbar. Sogar eingebürgerte Amerikaner können abgeschoben werden, wenn sie bei der Einwanderung falsche Angaben gemacht haben. Amerika nimmt zwar großzügig Immigranten auf, es wirft sie aber auch ebenso leichtherzig wieder hinaus. Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Nordstaaten die Sklaverei abschafften, wollte die American Colonization Society sogar freie Schwarze nach Afrika ausbürgern, ins eigens dazu gegründete Liberia. Der erhoffte Massenexodus blieb jedoch aus. Hingegen schafften es die USA, 1882 die chinesischen und 1942 die japanischen Immigranten abzuschieben, und 1924 die Grenzen für Slaven und Juden weitgehend zu schließen. Nach den Attentaten des 9/11 ließ das Department of Homeland Security 5000 Moslems abschieben — auf Verdacht. Und im Moment gibt es eine starke Stimmung gegen mexikanische Zuzügler. Amerika ist nervös >>> Von Eva Schweitzer
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