NZZ Online: In Argentinien leben rund eine halbe Million Muslime. Sie vertreten eine moderate Form des Islam, und das Zusammenleben der drei monotheistischen Religionen gilt als problemlos. Saudiarabien hat vor zehn Jahren die grösste Moschee Lateinamerikas finanziert.
Buenos Aires, im November
Es ist 12 Uhr mittags. Vor dem Eingang zum islamischen Kulturzentrum «König Fahd – Wächter der zwei heiligen Moscheen» in Buenos Aires warten gut drei Dutzend Personen auf eine öffentliche Führung. Wie der Direktor des Zentrums, der Saudi Saad Helail Alzewaihri, später im Gespräch erklärt, ist es ihm sehr wichtig, dass das Zentrum auch für Nichtmuslime offensteht. Deshalb finden zweimal wöchentlich öffentliche Führungen statt, zu denen man ohne Voranmeldung erscheinen kann. Das zwischen 1998 und 2000 von Saudiarabien für 22 Millionen Dollar errichtete Zentrum beherbergt die grösste Moschee Lateinamerikas mit zwei stattlichen Minaretten. Die Moschee bietet Platz für 1500 Gläubige, wobei für die Frauen ein um ein Stockwerk erhöhter separater Gebetsraum mit Blick in den Hauptraum geschaffen wurde.
Für die Zukunft geplant
Das grosszügig angelegte Zentrum ist in einem schlichten Stil mit arabischen Architekturelementen erbaut. Es umfasst eine Fläche von nicht weniger als 3,6 Hektaren, wovon 2 Hektaren überbaut sind. Auf dem Rundgang kommt es einem etwas menschenleer und überdimensioniert vor. In der Tat füllt sich die Moschee zum Freitagsgebet nicht, wie unser Führer, Fernando Refai, erzählt, doch zur Feier am Ende des letzten Ramadan seien immerhin über 1000 Personen gekommen. Offensichtlich wurde beim Bau des Komplexes mit einem deutlichen Anstieg der Zahl der Gläubigen gerechnet. Bei einer kurzen Einführung in der Eingangshalle zur Moschee erhalten die Besucher mehrere religiöse Broschüren, die ihnen den Islam näherbringen sollen. Die Gewinnung neuer Gläubiger scheint auch ein Ziel des Zentrums zu sein. Direktor Alzewaihri spricht von einer nicht unbedeutenden Zahl von Übertritten in letzter Zeit.
Ansteigen wird auf jeden Fall die Zahl der Schüler in der integrierten, vor zwei Jahren eröffneten Schule. Diese besteht zurzeit aus der Vorschulstufe und dem 1. und 2. Schuljahr. Jedes Jahr soll ein weiteres Schuljahr hinzugefügt werden. Zurzeit sind 130 Schüler eingeschrieben, überraschenderweise sind 90 Prozent davon keine Muslime. Das Zentrum bietet attraktive Schulgebühren. Es folgt dem gesetzlich festgelegten argentinischen Lehrplan und offeriert zusätzlich – fakultativ, wie der Führer betont – Arabisch- und Islam-Unterricht. Zukünftig soll für Schüler aus dem Landesinnern auch ein Internat eingerichtet werden.
Das Zentrum verfügt auch über eine öffentlich zugängliche Bibliothek mit Büchern auf Spanisch und Arabisch – die grösste Sammlung arabischer Literatur in Argentinien, wie der Direktor stolz erklärt. Arabisch wird für Erwachsene in kostenlosen Kursen angeboten. Das Zentrum besitzt ausserdem Räumlichkeiten für Konferenzen sowie für temporäre Ausstellungen, die den Argentiniern das arabisch-islamische Kulturgut näherbringen sollen. Auf dem Areal befindet sich sogar ein Fussballplatz, der von den Jugendlichen des Quartiers benützt werden darf und auf dem regelmässig Freundschaftsspiele zwischen Botschaften verschiedener Länder ausgetragen werden. >>> Werner Marti, Lateinamerikakorrspondent der Neuen Zürcher Zeitung | November 2008
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