Saturday, October 15, 2022

Der starke Mann führt Italien in den Abgrund – vor hundert Jahren übernahm Benito Mussolini die Macht

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: Der Duce versprach eine Revolution, sie endete in der Katastrophe. In Propagandafilmen und auf Propagandafotos wird das Wesen des Faschismus sichtbar.

Der «Duce» spricht zu seinem Volk, Rom 1938. | Imago

Der Führer

Das ist ein Mann! Benito Mussolini reitet, ficht, schwimmt, sogar fliegen kann er. Der Duce zeigt sich gerne in Sportlerpose, mit nacktem Oberkörper auf dem Traktor, mit Fliegerhaube im Cockpit. Immer ist er der Stärkste und der Beste. Er verkörpert die neue Zeit, die Zeit des Faschismus, eine Zeit der Kraft, der Motoren, der Schnelligkeit, auch eine Zeit des Kampfs, des Muts und des Übermuts. Die Männer bewundern diesen Mann, die Frauen himmeln ihn an. Korbweise erhält Mussolini Fanpost und Liebesbriefe aus allen Gegenden Italiens.

Mussolini, Sohn einer Lehrerin und eines Spenglers, ist der Erfinder des Faschismus. Seine politische Karriere beginnt er als sozialistischer Agitator und Journalist. Der Pazifist wird 1915 zum Kriegshetzer, das ist seine Wende. Die neue Ideologie entwickelt er über Jahre hinweg, von Tag zu Tag, von Artikel zu Artikel, von Rede zu Rede, aus der Praxis heraus, je nach Laune und Umständen. Sie ist nichts weiter als eine Sammlung von Sprüchen zu Arbeit und Pflicht, Ordnung und Gehorsam, Volk und Grösse. Die «Aktion» bestimmt die Richtung. Die Theorie erledigen andere. Mit Videos » | Andres Wysling, Rom | Freitag, 14. Oktober 2022