FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: Brasilien steht ein schmutziger Kampf ums Präsidentenamt bevor. Amtsinhaber Bolsonaro stachelt seine Anhänger mit alternativen Fakten an. Ein Gesetz soll dem Einhalt gebieten – doch Google und Facebook wehren sich mit allen Mitteln.
Eine Frau, die sich als Nachrichtensprecherin ausgibt, erzählt von den neusten Erkenntnissen zur Pandemie in Italien. Dort, sagt sie, seien lediglich wenige Prozent der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus tatsächlich auf die „chinesische Pest“ zurückzuführen. Dann verweist sie auf Statistiken des italienischen Gesundheitsministeriums zu den Vorerkrankungen der Todesopfer. Wende man dieselben Zahlen auf Brasilien an, seien also nicht einmal 40.000 Personen am Virus gestorben und nicht mehr als 600.000 Personen, wie das „Lumpenpack der extremen Presse“ allen weismachen wolle. Dann ist der „Nachrichtenblock“ zu Ende.
Das Video ist nur ein Beispiel für die unzähligen Falschnachrichten, die sich in Brasilien überdurchschnittlich rasch in den sozialen Netzwerken verbreiten. Wer bestimmten Kanälen folgt, erhält jeden Tag Dutzende davon. Viele Brasilianer nehmen für bare Münze, was in den sozialen Medien an sie herangetragen wird. Sie haben sich von den traditionellen Medien teilweise abgekoppelt. In unzähligen Gruppen in den sozialen Netzwerken und auf Direktnachrichtendiensten wie Whatsapp und Telegram lassen sie sich von Verschwörungstheorien, „alternativen Fakten“ und glatten Lügen berieseln. Das erklärt unter anderem, warum die radikalen Anhänger von Jair Bolsonaro überall eine Verschwörung des „Establishments“ gegen den rechten Präsidenten wittern. Etwas weniger ausgeprägt und inhaltlich anders gelagert lässt sich das Phänomen auch in anderen politischen Meinungsblasen beobachten. » | Tjerk Brühwiller, Korrespondent für Lateinamerika mit Sitz in São Paulo | Montag, 18. April 2022
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