Als Taccidin Yatkin im Frühjahr 2013 zu einem Versöhnungstreffen mit der libanesischen Großfamilie Omeirat fuhr, hoffte er, dass sich beide Seiten nach arabischer Tradition die Hände reichen und Tee trinken würden. Anlass war ein Unfall, der über vier Jahre zurücklag. Im Januar 2009 hatte Yatkins Sohn Ali den 17-jährigen Mohammed Omeirat, als dieser bei Rot über die Ampel ging, mit seinem Alfa Romeo angefahren und dabei tödlich verletzt,
Als der ehemalige Präsident des Zentralrats der Türken in Deutschland die Räume eines libanesischen Vereins in Berlin-Neukölln betrat, wusste er, dass die Familie des Opfers keine Friedenspfeife rauchen wollte. Dort empfingen ihn 40 bis 50 Mitglieder der Familie Omeirat und anderer arabischer Clans. Die Botschaft dieser Drohkulisse war klar: Wer hier nicht mitspielt, legt sich mit der gesamten Großfamilie Omeirat an. Teile von ihr zählt die Polizei zur organisierten Kriminalität, die sich vor allem durch Eigentums- und Gewaltdelikte hervorgetan hat.
Die Regie bei dem Treffen führte der Imam der Neuköllner Omar-Moschee. Der Geistliche rezitierte zunächst aus dem Koran und legte fest, dass der Fall "nach der Scharia gelöst" wird. Der Sohn der Omeirats sei getötet und der Verantwortliche dafür noch nicht bestraft worden. Nach dem "Recht unserer Heimat ist er schuldig, egal, ob er fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat". Yatkin protestierte. "Ich akzeptiere die Scharia nicht. Wir leben in Deutschland. Mein Sohn ist von einem ordentlichen Gericht freigesprochen worden." Das Argument beeindruckte den Imam jedoch nicht. » | Von Joachim Wagner | Sonntag, 10. November 2013