Sunday, May 12, 2013


Salafisten in Deutschland – Mit modernen Methoden zurück ins Mittelalter

ALSHARQ BLOG: Politik und Medien bauschen den Salafismus in Deutschland zu einem zentralen Problem der Gesellschaft auf. Dabei sind viele Fragen bislang offen geblieben: Warum ist die Bewegung seit einigen Jahren so erfolgreich? Und wie relevant ist das Thema tatsächlich für die Sicherheit in der Bundesrepublik?

Salafisten sollen Terrorgruppe gegründet haben“ – „Islamistischer Terror: Wie gefährlich sind Deutschlands Salafisten?“ – „Extremisten auf Mission: Klinik-Verband warnt vor Salafisten am Krankenbett“ – drei Überschriften, die allein in den vergangenen zwei Wochen in namhaften deutschen Medien zu lesen waren. Es scheint, als habe Deutschland ein Salafisten-Problem. In der Berichterstattung über Muslime in Deutschland nimmt der Salafismus mittlerweile breiten Raum ein; Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) möchte ihn nach eigenen Worten „bekämpfen“. Immer öfter werden „Salafisten“ und „Muslime“ gleichgesetzt. Da ist es auch nicht überraschend, dass nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung 51 Prozent der Deutschen den Islam insgesamt eher als Bedrohung ansehen. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es „für die Einschätzung nicht-christlicher Religionen“ mit ausschlaggebend sei, „welches Bild von ihnen über die Medien verbreitet wird“. Das leuchtet ein – wer bei dem Stichwort „Islam in Deutschland“ an einen bärtigen Extremisten denkt, wird sich schwer tun, den Islam als Teil Deutschlands anzuerkennen.

Über dieser Angstmacherei gehen die entscheidenden Fragen freilich schnell unter: Wer sind die Salafisten überhaupt? Was wollen sie, wie arbeiten sie, und was macht sie letztlich so erfolgreich?

Der Begriff „Salafist“ leitet sich von dem arabischen „as-Salaf as-Salih“ ab, zu Deutsch „die frommen Altvorderen“. Gemeint sind damit die Muslime der ersten drei Generationen, d.h. vom Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632 n. Chr. bis etwa zum Tod von Ahmad Ibn Hanbal im Jahr 855. In der Folgezeit ist nach Ansicht der Salafisten der Islam verfälscht worden durch innere Einflüsse wie Interpretationen, Neuerungen und Abspaltungen sowie durch äußere Einflüsse wie den Kontakt mit fremden Kulturen und Religionen. Die einzig zuverlässige heute verfügbare Quelle für den „wahren“ Islam und ein gottgefälliges Leben ist der Koran und die Überlieferungen über die Taten des Propheten und seiner Gefährten. Deren Leben wird zum Modell für eine neue muslimische Gemeinschaft erklärt.

Die wichtigsten Prinzipien sind der sogenannte „Tawhid“ (die Einheit und Unteilbarkeit Gottes), die Anerkennung Gottes bzw. des Koran als oberster Autorität auch im politischen Bereich (und die damit einhergehende Ablehnung des säkularen Staates) sowie das Prinzip, dass nur Gott allein verehrt werden darf – Heiligenanbetung oder ähnliches gilt demzufolge als „Shirk“ (wörtl. „Beigesellung“, im Sinne von Polytheismus) und wird abgelehnt. Beispiele für gelebte Ausdrucksformen salafistischer Ideologie sind eine strikte Geschlechtertrennung sowie die Abgrenzung von der nicht-salafistischen Umwelt. Das Resultat ist ein dualistisches Weltbild: Hier die Gläubigen, dort die Ungläubigen. » | Von Bodo Straub | Mitarbeit: Christian Ebert und Floyd Mecklenburg | Sonntag, 12. Mai 2013